Schulplatzvergabe in Deutschland:
Wie lässt sie sich gerecht und effizient gestalten?

von Prof. Dr. Dorothea Kübler und Dr. Christian Basteck,
WZB – Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

Jedes Jahr werden in Deutschland rund 800.000 Kinder eingeschult, weitere rund 800.000 wechseln von Grund- auf weiterführende Schulen. Doch wonach entscheidet sich, welches Kind welche Schule besucht – insbesondere dann, wenn die Plätze an der Wunschschule begrenzt sind?

Manchmal werden Kinder und Jugendliche an Schulen in ihrer Nähe bevorzugt aufgenommen. Das kann gut sein, weil ihr Schulweg dann kürzer ist und sie früh lernen, eigenständig zu sein. Allerdings kann das auch unfair sein – zum Beispiel für Kinder, die in ärmeren Stadtteilen wohnen und es schwer haben, auf beliebte Schulen in der Stadt zu gehen, wenn diese weit weg sind. Schließlich gibt es Schulen, die spezielle Programme anbieten und deswegen auch attraktiv sind für Kinder, die nicht in der Nähe wohnen.

Wenn vor allem Kinder aus der Nähe aufgenommen werden, ziehen wohlhabendere Familien oft extra in Viertel mit besseren Schulen. Wenn die Nähe zum Wohnort bei der Schulaufnahme dagegen keine Rolle spielt, kann es ebenfalls passieren, dass sich an Schulen der Anteil von Kindern aus sozial benachteiligten Familien stark unterscheidet. Das passiert, wenn etwa akademisch begabte Kinder und Kinder besonders engagierter Eltern ihre wohnortnahe Schule leichter verlassen können.

Neben der Frage, welche Kriterien bei der Schulplatzvergabe angelegt werden sollen (Wohnort, Notenschnitt, Empfehlungsschreiben – oder zufällige Losnummern?), unterscheiden sich die Verfahren auch in den Details, etwa in der Reihenfolge, in der Bewerberwünsche und Auswahlkriterien im Verfahren herangezogen werden. Von diesen Details hängt es dann ab, ob es für BewerberInnen sinnvoll ist ihre Schulwünsche wahrheitsgemäß anzugeben, oder ob man sich strategisch bewerben sollte, etwa indem man eine insgesamt weniger beliebte Schule als Erstwunsch angibt, um dort mit höherer Sicherheit einen Platz zu bekommen. Wenn letzteres der Fall ist, stellt sich für die Forschung die Frage, was wohl die „wahren Präferenzen“ von Schüler:innen und Eltern sind.

In Deutschland gibt es 16 Bundesländer und deswegen viele unterschiedliche Verfahren für die Vergabe von Schulplätzen. Die Idee dieses YES!-Themas ist es, einen Einblick in die unterschiedlichen Verfahren zu bekommen. Darauf aufbauend kann untersucht werden, welche Vor- aber auch Nachteile mit dem Wechsel von einem zu einem anderen Verfahren verbunden sein könnten.

Mögliche Fragestellungen:

  • Findet heraus, wie Plätze an Schulen (Sekundarschulen oder auch Grundschulen) in Eurem Wohnort oder in einer benachbarten Stadt vergeben werden.
  • Gibt es dabei Probleme? Falls ja, welche: beobachtet ihr mangelnde Effizienz, mangelnde Gerechtigkeit oder Probleme anderer Art?
  • Vergleicht das genutzte Verfahren mit anderen Verfahren in Deutschland und darüber hinaus.
  • Welche Verbesserungsmöglichkeiten seht ihr mit Blick auf das genutzte Verfahren?
Must-Read Literatur

Basteck, C., K. Huesmann, H.H. Nax (2015). Matching practices for secondary schools – Germany. (Die Seite bietet darüber hinaus einen guten Überblick über international verwendete Vergabeverfahren)

Kübler, D. (2009). Der Teufel steckt im Detail, nicht im Losverfahren – Berlins Reform des Schulzugangs könnte mehr Gerechtigkeit schaffen.

Weiterführende Literatur

Burgess,S., E. Greaves und A. Vignoles (2019). School choice in England: evidence from national administrative data. Oxford Review of Education, Volume 45, Issue 5

Burgess, S., E. Greaves, A. Vignoles, und D. Wilson (2019). What Parents want: School preferences and school schoice. The Economic Journal, volume 125, Issue 587

Roth, A.E. (2008). What have we learned from market design? The Economic Journal, Volume 118, Issue 527

Wilson, D., und G. Bridge (2019). School choice and the city: Geographies of allocation and segregation. Urban Studies, Volume 56, Issue 15

Partnerinstitut

Das Thema wird betreut von

Dorothea Kübler

Prof. Dr. Dorothea Kübler ist Direktorin der Abteilung Verhalten auf Märkten am WZB und Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Technischen Universität Berlin. Ihre Forschung nutzt experimentelle Methoden und Spieltheorie, um Entscheidungsverhalten und Marktdesign zu untersuchen. Ihre Arbeiten in den letzten Jahren beschäftigen sich unter anderem mit der zentralen Vergabe von Studienplätzen in Deutschland, mit dem Einfluss von sozialen und moralischen Normen auf das Verhalten sowie mit Bildungsentscheidungen, Diskriminierung und der Rolle von künstlicher Intelligenz auf dem Arbeitsmarkt.

Christian Basteck

Dr. Christian Basteck arbeitet am WZB Berlin im Bereich „Verhalten auf Märkten“. Er hat an der TU Berlin promoviert und war danach als Post-Doktorand an der ULB in Brüssel tätig. Seine Forschungsschwerpunkte sind Spieltheorie, strategisches Verhalten und die gerechte Verteilung nicht-teilbarer Güter.