Verzicht als Privileg –
Wie kann Konsum zugleich wirtschaftlich und nachhaltig sein?
von Dr. Max Georg Hügel, Universität Greifswald
Jeder weiß in Zeiten planetarer Klima- und Umweltkrisen, dass eine nachhaltige Wirtschaft eine notwendige Bedingung für den Fortbestand der Menschheit ist. Man darf beim Streben nach nachhaltigem Konsum aber nicht die Auswirkungen sozialer Ungleichheit übersehen. Häufig sind nachhaltigere Produkte und Dienstleistungen teurer (nämlich im Schnitt 75 Prozent und mehr, siehe Kearney 2020) als weniger nachhaltige Produkte und Dienstleistungen. Der planetare Nutzen schlägt sich also in höheren Kosten für Verbraucher:innen nieder. Das kann man schon im örtlichen Supermarktregal oder Bekleidungsgeschäft sehen.
Wer aber ohnehin wenig Geld zum Leben hat, dem kann die Entscheidung für nachhaltigen Konsum sehr schwer fallen oder sogar finanziell unmöglich sein, und er läuft Gefahr, sozial (weiter) abgehängt zu werden.
Zugleich gibt es den Befund, dass die Begriffe „Wachstum“ regelmäßig positiv und „Verzicht“ regelmäßig negativ konnotiert sind. Dadurch ist selbst bei guter sozioökonomischer Ausgangslage die Entscheidung für ein reduziertes und nachhaltiges Konsumverhalten kein Selbstläufer.
In Ihrer Gruppe werden Sie sich mit den folgenden Fragen beschäftigen:
- Welche Rahmenbedingungen hat eine typische Entscheidung (zum Beispiel Ihre persönliche oder die Ihrer Freunde und Eltern) für oder gegen nachhaltigen Konsum?
- Müssen wir unser Verständnis von Freiheit und Verzicht überdenken, um nachhaltigen Konsum und nachhaltiges Leben sicherzustellen?
- Wie kann man Preise, Angebot und Nachfrage in den besonders relevanten Bereichen Wohnen, Mobilität und Ernährung so gestalten, dass nachhaltiger Konsum für alle ermöglicht und gefördert wird?
Must-Read Literatur
BMUV, Nachhaltiger Konsum, 2022, https://www.bmuv.de/themen/nachhaltigkeit-digitalisierung/konsum-und-produkte/nachhaltiger-konsum
Ritscher, Konsum ist soziale Teilhabe, die sich nicht jede:r leisten kann, 2021, https://period.at/articles/konsum-ist-soziale-teilhabe-die-sich-nicht-jede-r-leisten-kann
Weiterführende Literatur
Kearney, Why today’s pricing is sabotaging sustainability, 2020, https://www.kearney.com/consumer-retail/article/-/insights/why-todays-pricing-is-sabotaging-sustainability
Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften, Von Kostenwahrheit bis Revolte: Instrumente für einen verantwortungsvollen Konsum, 2021, https://www.sagw.ch/sagw/aktuell/news/details/news/von-kostenwahrheit-bis-revolte-instrumente-fuer-einen-verantwortungsvollen-konsum
Brunner, Nachhaltiger Konsum und soziale Ungleichheit, 2014, https://www.arbeiterkammer.at/infopool/akportal/Working_Paper_Nachhaltiger_Konsum.pdf
Bürger/Paulinger, Nachhaltiger Konsum, 2021, https://emedien.arbeiterkammer.at/viewer/image/AC16445180/1/LOG_0003/
Fischer/Sommer, Verbrauchte Zukunft, 2012, https://library.fes.de/pdf-files/wiso/08988.pdf
Partnerinstitut
Universität Greifswald
Das Thema wird betreut von
Max Georg Hügel
Dr. Max Georg Hügel ist Akademischer Rat für Öffentliches Recht an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Greifswald. Einer seiner Forschungsschwerpunkte ist die zukunftsfähige Gestaltung von Sozial- und Gesundheitssystemen.