Wer pflegt uns, wenn wir alt sind? – Herausforderungen und Lösungen zum Fachkräftemangel in der Pflege

von Juliane Theiß und Walli Hoffmann, Universität Leipzig

57.000 offene Stellen und eine Fachkräftelücke (Differenz zwischen offenen Stellen und Arbeitslosen) von 35.000 Personen in Gesundheits- und Pflegeberufen belegen unmissverständlich, dass sich in Deutschland eine verheerende Entwicklung zur Versorgung alter und pflegebedürftiger Menschen abzeichnet (Vgl. SEYDA et al. (2021), S. 1 ff.). Diese Situation herrscht nicht erst seit der Corona-Pandemie, ist aber seither verstärkt in den Blickpunkt geraten.

Neben dem demografischen Wandel und der zunehmenden Akademisierung konzentrieren sich die Ursachen vor allem auf die mangelhafte Attraktivität der Pflegeberufe. Die Entlohnung ist zu gering, auf eine Pflegekraft kommen zu viele Patienten und Patientinnen und die Schichtarbeit sowie die körperliche Tätigkeit strapazieren die Gesundheit der Mitarbeitenden. Im Pflegeberuf kommt es häufig zu Kündigungen und fachfremden Jobwechseln nach einigen Jahren der Erwerbstätigkeit in der Pflege.

Erste Initiativen zur Vermeidung der Fluktuation sowie zur Erleichterung der Arbeit für bestehendes Personal und somit zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit sind bereits gestartet. Verbesserungen in der Arbeitssituation wünschen sich die Mitarbeitenden u.a. in den Bereichen der Entlohnung, Mitsprache, dem Gesundheitsmanagement, der Digitalisierung von Dokumenten und auch der technischen Unterstützung (Vgl. SEYDA et al. (2021), S. 6). Hier könnten beispielsweise Roboter zur physischen Unterstützung der Pflegekräfte, mittels Transport- oder Heberobotern, einen Mehrwert bringen (Vgl. RADIC / VOSEN (2020), S. 630). Inwiefern eine Arbeitszeiterhöhung als Lösung in Pflegeberufen in Frage kommt, ist zu diskutieren (Vgl. ONDERKA (01.08.2022)). Um auch zukünftig Fachpersonal zu bekommen, ist seit dem 1. Januar 2020 die Pflegeausbildung umstrukturiert, generalistischer gestaltet sowie um die Möglichkeit eines Pflegestudiums ergänzt worden, um den Pflegeberuf auch für Abiturienten und Abiturientinnen attraktiv zu machen (Vgl. BMFSFJ (2022)). Mittels der Initiative „Triple Win“ sollen Pflegefachkräfte aus dem Ausland gewonnen werden und die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse soll vereinfacht werden (Vgl. BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT (2022)).

Doch genügt das alles? Es ist Zeit, uns gemeinsam mit der Frage zu beschäftigen: Wer pflegt uns, wenn wir alt sind?

Must-Read Literatur

BOSCHER, C. et al. (2021): Einsatz und Erfolg gesundheitsbezogener Maßnahmen zur Personalbindung in der Pflege: Ergebnisse einer schriftlichen Befragung von Führungskräften aus der Region Bodensee-Oberschwaben. In: Das Gesundheitswesen 8-09, S. 611–618. (Wird dem Team später zur Verfügung gestellt)

Weitere Literaturvorschläge

BUNDESAGENTUR FÜR ARBEIT (2022): Triple Win Pflegekräfte – Zentrale Auslands- und Fachvermittlung (ZAV). https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/zav/uber-triple-win/triple-win-das-projekt, 04.10.2022.

BUNDESMINISTERIUM FÜR FAMILIE, SENIOREN, FRAUEN UND JUGEND (2022): Voraussetzungen und Struktur: Pflegeausbildung. https://www.pflegeausbildung.net/alles-zur-ausbildung/voraussetzungen-und-struktur.html, 05.10.2022.

EVANS, M. (2018): Wege zur „inneren Aufwertung“ der Arbeit in der Altenpflege: Wie können Gestaltungskapazitäten der Betriebs- und Sozialpartner gestärkt werden? In: Public Health Forum 1, S. 1–22.

KRIEGEL, J. / HUMMER, C. (2022): Fachkräftemangel: Pflegelogistik als Stellhebel. In: Klinik Einkauf 01, S. 45–47.

ONDERKA, L. (01.08.2022): Arbeitszeiterhöhung als Lösung für den Fachkräftemangel? In: Personalwirtschaft.

RADIC, M. / VOSEN, A. (2020): Ethische, rechtliche und soziale Anforderungen an Assistenzroboter in der Pflege: Sicht des Führungspersonals in Kliniken und Pflegeeinrichtungen. In: Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie 7, S. 630–636.

SEYDA, S. et al. (2021): Pflegeberufe besonders vom Fachkräftemangel betroffen. In: Seyda Gutachten, S. 1–6.

WATZKA, K. (2018): Fachkräftemangel in der Pflege: Kritische Situationsbewertung und Skizzierung einer Handlungsalternative.

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Walli Hoffmann

Foto: Juliane Theiß

Nach dem Abitur absolvierte Walli Hoffmann zunächst eine Ausbildung als Physiotherapeutin in Leipzig und arbeitete in diesem Beruf bis 2013 im Neurologischen Rehabilitationszentrum Bennewitz bei Leipzig. Ende 2013 entschied sie sich die Perspektive zu wechseln und studierte an der Universität Leipzig zunächst Wirtschaftswissenschaften im Bachelor und anschließend Betriebswirtschaftslehre mit Schwerpunkt Marketing, Service und Distribution im Master. Diesen schloss sie 2019 ab. Während ihres Studiums war sie bereits als Tutorin am Lehrstuhl für Dienstleistungsmanagement tätig und arbeitete auch als studentische Hilfskraft im Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW in Leipzig. Nach Abschluss des Masterstudiums begann sie an der Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Dienstleistungsmanagement als Wissenschaftliche Mitarbeiterin. Dort ist sie vor allem für die Lehre der Bachelor- und Masterstudiengänge zuständig. Parallel arbeitete sie auch bis Mitte 2021 im Fraunhofer IMW und führte dort wissenschaftliche und Industrieprojekte in verschiedenen Themenbereichen durch.

Juliane Theiß

Foto: Walli Hoffmann

Nach dem Abitur 2006 verabschiedete sich Juliane Theiß aus dem Norden Deutschlands, studierte Internationales Management (B.Sc.) an der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg und vertiefte anschließend das wirtschaftswissenschaftliche Wissen mit dem Master of Science Betriebswirtschaft in den Schwerpunkten Marketing und Internationales Management an der Humboldt-Universität zu Berlin. Nach dem Studienabschluss im Frühjahr 2013 begann sie als Produktmanagerin, u.a. im privaten Bildungssektor, zu arbeiten, bevor sie sich im Sommer 2017 bewusst für die Rückkehr an die Universität entschied. An der Professur für Personalwirtschaftslehre an der Universität Leipzig erhielt sie die Möglichkeit, ihrer Begeisterung an der Lehrtätigkeit nachzukommen sowie sich persönlichen Forschungsschwerpunkten zu widmen. Diese umfassen vor allem das Interkulturelle und Internationale Management, den weiten Bereich des Diversity Managements und Psychologische (Arbeits-)Verträge.