Energie- und Klimagerechtigkeit in Deutschland: Was tun in Zeiten von Ukrainekrise und fortschreitendem Klimawandel?

von Prof. Dr. Sonja Peterson, Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel)

Die derzeitige Energiekrise in Folge des Angriffs Russlands auf die Ukraine und die Abhängigkeit von russischer Energie haben die Energiepreise massiv in die Höhe getrieben und wir erleben eine hitzige Debatte statt, wie insbesondere ärmere Haushalte entlastet werden sollen und können. Diese geben im Durchschnitt einen höheren Anteil ihres Einkommens für Energie aus und haben weniger oder kaum Möglichkeiten die zusätzlichen Kosten zu tragen. Auch in klimapolitischen Diskussionen spielen Verteilungsfragen und der Umgang mit ärmeren Haushalten eine zunehmend wichtige Rolle. Maßnahmen die direkt (etwa durch eine ökonomisch sehr sinnvolle CO2-Bepreisung) oder indirekt (etwa durch Verbote bestimmter Technologien oder Emissionen) die Energiepreise erhöhen, treffen entsprechend ebenfalls ärmere Haushalte stärker als reichere. Im Kern gibt es drei Ansätze, wobei jeweils nicht (a) oder nicht notwendiger Weise (b und c) nur ärmere Haushalte davon profitieren.
a) Mehr billigere (nicht-fossile) Energie zu gewinnen. Wenn es mehr günstige erneuerbare Energien gibt, treiben fossile Energien und die Abhängigkeit von Russland weniger stark die Energiepreise. Und wenn erneuerbare Energien günstiger sind als fossile Alternativen braucht es etwa keine CO2-Preise mehr, um diese marktfähig zu machen.
b) Weniger (fossile) Energie zu verbrauchen. Für nicht verbrauchte (fossile) Energie muss man nicht zahlen – weder den Energie- noch den CO2-Preis.
c) (Ärmere) Haushalte zu entlasten. Hierfür gibt es zahlreiche Möglichkeiten, dies eher indirekt (Tankrabatt, 9 Euro Ticket, Subventionierung ÖPNV) oder direkt (Energiegeld, Rückzahlung der CO2-Einnahmen, Senkung Einkommenssteuer) wirken und mehr oder weniger speziell auf ärmere Haushalte abzielen
Bei allen Punkten stellen sich viele Fragen. Wo ist es sinnvoll erneuerbare Energien zu unterstützen? Was sind die echten Hürden? Bürokratie? Fehlende Investitionsmittel? Notwendigkeit die Technologien zu verbessern? Wie gelingt es weniger fossile Energie zu verbrauchen? Effizienzsteigerung? Sparapelle? Aufzeigen von Möglichkeiten? Haben wir für Entlastungen genug Geld? Wer sollte die Entlastungen bekommen? Wie genau sollten sie aussehen?
Gleichzeitig bieten diese Punkte auch vielfältige Möglichkeiten Klima- und Energiegerechtigkeit zu vergrößern.

Must-Read Literatur

•Klenert, D., L. Mattauch, E. Combet, E. et al. Making carbon pricing work for citizens. Nature Clim Change 8, 669–677 (2018). https://doi.org/10.1038/s41558-018-0201-2
•
Schwerhoff, G., T.D. Nguyen, O., Edenhofer, G. Grimalda, M. Jakob, D. Klenert, & J. Siegmeier (2017). Policy options for a socially balanced climate policy. Economics: The Open-Access, Open-Assessment E-Journal, 11 (2017-20): 1–11. http://dx.doi.org/10.5018/economics-ejournal.ja.2017-20

• Haug ,C., A. Eden & M. Montes de Oca (2018): Addressing the distributional impacts of carbon pricing policies. Berlin: adelphi.

•Bach, S. & J. Knautz (2022). Hohe Energiepreise: Ärmere Haushalte werden trotz Entlastungspaketen stärker belastet als reichere Haushalte. DIW Wochenbericht 17/22 https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.840036.de/22-17-1.pdf

• Fuest, C. (2022). Wir dürfen die Signalfunktion des Preises nicht aushebeln! Ifo Standpunkt Nr. 236
https://www.ifo.de/publikationen/2022/ifo-standpunkt/wir-duerfen-die-signalfunktion-des-preises-nicht-aushebeln

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Prof. Dr. Sonja Peterson
Prof. Dr. Sonja Peterson ist Senior Researcher im Bereich „Global Commons und Klimapolitik“ am Kiel Institut für Weltwirtschaft und leitet zusätzlich die Service Unit „Forschungsmanagement & Transfer“. Seit 2017 ist sie zudem Honorarprofessorin an der Kieler Universität. Ihre Forschungs- und Beratungsaktivitäten fokussieren sich seit knapp 20 Jahren auf die deutsche, europäische und internationale Klimapolitik.