Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland –
wie kann die Wirtschaftspolitik sie unterstützen?

von Prof. Dr. Matthias Lücke, Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) und
Garry Poluschkin, Berlin Economics

Seit Februar 2022 führt Russland Krieg gegen die Ukraine. Über 4 Millionen Menschen haben die Ukraine in Richtung Westeuropa verlassen müssen. Die Zahl der ukrainischen Staatsangehörigen in Deutschland ist laut Statistischem Bundesamt (2024) im Mai 2024 auf 1,2 Millionen gestiegen.

Immer mehr ukrainische Staatsangehörige sagen, dass sie dauerhaft in Deutschland bleiben wollen, anstatt in die Ukraine zurückzukehren. In Umfragen des DIW (2023) antworten im Spätsommer 2023 44%, dass sie mindestens noch einige Jahre oder für immer in Deutschland bleiben wollen. Das sind fünf Prozentpunkte mehr als noch zu Beginn des Jahres 2023.

Gleichzeitig suchen viele Unternehmen in Deutschland Fachkräfte. Mehr als die Hälfte der ukrainischen Geflüchteten hat laut ifo Institut (2023) einen Hochschulabschluss. So besteht die Hoffnung, dass durch ihre Integration in den deutschen Arbeitsmarkt der Fachkräftemangel verringert werden könnte (ifo Institut, 2024). Laut Agentur für Arbeit (2024) waren etwa 24% der Ukrainer in Deutschland im erwerbsfähigen Alter sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Bundesregierung (2024) will durch verschiedene Maßnahmen diesen Anteil erhöhen.

Demgegenüber weisen andere Wirtschaftswissenschaftler (zum Beispiel Gorodnichenko und Gros, 2024) darauf hin, dass die Ukraine selbst für ihren Wiederaufbau hochqualifizierte Arbeitskräfte benötigen wird. Ihnen zufolge bezieht die Mehrheit der ukrainischen Staatsangehörigen in Deutschland im erwerbsfähigen Alter Sozialleistungen. Deshalb solle die Bundesregierung eher wirtschaftspolitische Maßnahmen verfolgen, um eine Rückkehr in die Ukraine unterstützen.

Mögliche Fragestellungen:

  • Welche wirtschaftspolitischen Instrumente stehen der Bundesregierung für diese gegenläufigen Ziele – Integration in den deutschen Arbeitsmarkt oder Förderung der Rückkehr in die Ukraine – zur Verfügung?
  • Welches Ziel sollte die Bundesregierung verfolgen?
  • Mit welchen Maßnahmen?
Must-Read Literatur

Agentur für Arbeit (2024): „Auswirkungen der Fluchtmigration aus der Ukraine auf den Arbeitsmarkt und die Grundsicherung für Arbeitsuchende“. Arbeitsmarkt kompakt. https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Statischer-Content/Statistiken/Themen-im-Fokus/Ukraine-Krieg/Generische-Publikationen/AM-kompakt-Auswirkungen-Fluchtmigration-Ukraine-Arbeitsmarkt.pdf?__blob=publicationFile&v=22

Gorodnichenko, Y. und Gros, D. (2024): „Dringend gebraucht“. IPG Journal der Friedrich-Ebert- Stiftung (copyright Project Syndicate, übersetzt von Jan Doolan). https://www.ipg-journal.de/rubriken/demokratie-und-gesellschaft/artikel/ukraine-fluechtlinge-7702/

Weiterführende Literatur

Bundesregierung (2024): „Gut angekommen auf dem Arbeitsmarkt“. https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/arbeit-und-soziales/ukraine-gefluechtete-arbeit-2166832

DIW (2023): „Geflüchtete aus der Ukraine: Knapp die Hälfte beabsichtigt längerfristig in Deutschland zu bleiben“, DIW Wochenbericht 28/2023, S.381-393. https://www.diw.de/de/diw_01.c.877238.de/publikationen/wochenberichte/2023_28_1/gefluechtete_aus_der_ukraine__knapp_die_haelfte_beabsichtigt_laengerfristig_in_deutschland_zu_bleiben.html

Ifo Institut (2023): „Wie geht es ukrainischen Geflüchteten in Deutschland? Ergebnisse von ifo Umfragen“, von Panchenko, T., ifo Schnelldienst 10/2023, 76. Jahrgang, Oktober. https://www.ifo.de/publikationen/2023/aufsatz-zeitschrift/wie-geht-es-ukrainischen-gefluechteten-deutschland

Ifo Institut (2024): „Beitrag der ukrainischen Geflüchteten zur Verringerung des Fachkräftemangels in Deutschland: Ein Fall aus dem Hochschwarzwald“, von Panchenko, T., ifo Schnelldienst 2/2024, 77. Jahrgang, Februar. https://www.ifo.de/publikationen/2024/aufsatz-zeitschrift/beitrag-der-ukrainischen-gefluechteten

Statistisches Bundesamt (2024): „Starker Zuwachs an ukrainischen Staatsbürgern seit Ende Februar 2022“. https://www.destatis.de/DE/Im-Fokus/Ukraine/Gesellschaft/_inhalt.html#:~:text=Seit%20Kriegsbeginn%20ist%20die%20Zahl,Deutschland%20als%20Ende%20Februar%202022.

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Matthias Lücke

Foto: Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel)

Prof. Dr. Matthias Lücke ist Senior Researcher am Kiel Institut für Weltwirtschaft und Honorarprofessor an der Universität Kiel. Er hat in Köln und London (LSE) Volkswirtschaftslehre studiert und in Gießen promoviert. Von 2000 bis 2003 war er Senior Economicst beim Internationalen Währungsfonds in Washington D.C. Seine Arbeitsschwerpunkte in Lehre und Forschung sind internationale Migration, Entwicklung, internationaler Handel und europäische Integration. Matthias Lücke hat verschiedene nationale Regierungen und internationale Organisationen beraten.

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Garry Poluschkin

Garry Poluschkin ist Berater bei Berlin Economics und Länderkoordinator Ukraine im Regierungsberatungsprojekt „German Economic Team“. Nach dem Bachelorstudium im Fach Wirtschaftswissenschaften an der Universität Osnabrück und an der Durham University absolvierte er den Masterstudiengang Economics mit dem Schwerpunkt Empirical Economics an der Universität Osnabrück. Während seines Studiums sammelte er Praxiserfahrung am ifo Institut sowie der Deutschen Bundesbank. Seine Forschungsinteressen liegen in den Bereich wirtschaftliche Transformation, Geldpolitik und EU-Integration.