Oma und Opa und Co – Wie kann die Pflege älterer Angehöriger auch in Zukunft sichergestellt werden?

von Dr. Björn Fischer-Weckemann, ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim

Unsere Gesellschaft altert rasant. Während im Jahr 1950 noch 16 Personen im Rentenalter 100 Personen im Erwerbsalter gegenüberstanden (Altersquotient von 0.16), waren es im Jahr 1979 27, 1998 25 und 2006 33. Bis ins Jahr 2021 wuchs dieser Quotient auf 36 und wird in Zukunft weiter ansteigen. Das hat natürlich mit dem Anstieg der Lebenserwartung und damit der Anzahl der Personen im höheren Alter zu tun, aber gleichzeitig auch mit einer Abnahme der Geburtenquote über viele Jahrzehnte. Die steigende Anzahl der älteren und hochaltrigen Personen in Deutschland sorgt trotz einer immer gesünderen Bevölkerung für einen Anstieg der Anzahl der Personen, die im Alter langfristig abhängig von Pflegeleistungen sind – sei es durch professionelle Pflegedienste oder Familienangehörige oder Freunde. Während in Deutschland im Jahr 2021 knapp 5 Millionen pflegebedürftige Personen gezählt wurden, wird bis 2055 ein Anstieg von 37% auf knapp 6.8 Millionen und bis 2070 ein Anstieg auf 6.9 Millionen Personen antizipiert.

Heute nutzt ein Großteil der pflegebedürftigen Angehörigen zum Großteil Hilfeleistungen von Angehörigen und Freunden. Nur durch diese kann sichergestellt werden, dass die pflegebedürftigen weiterhin in ihrem gewohnten Umfeld und weitgehend eigenständig leben können. Die Mehrzahl der sogenannten informellen Pflegeleistungen wird von Frauen, die selbst im Alter rund um den Renteneintritt sind geleistet. In vielen Fällen werden jedoch professionelle Pflegedienste in Anspruch genommen oder die Pflegebedürftigen ziehen in stationäre Pflegheime um. Die steigende Anzahl der Pflegebedürftigen sorgt damit für einen Anstieg der Nachfrage nach familiärer (informeller) Pflege sowie nach professioneller Pflege, ob ambulant oder stationär.

In den Medien wird vielfach über den Mangel an Fachkräften im Pflegebereich berichtet. Dieser schränkt die Anzahl der Heimplätze ein und erhöht im Zweifel die Kosten der professionellen Pflegeoptionen. Es wird jedoch wenig darüber berichtet, welche Auswirkungen eine steigende Teilnahme von Frauen und Männern im höheren Alter am Arbeitsmarkt für das Angebot an familiärer Pflege hat. Derzeit pflegen besonders häufig Frauen, die im Vorruhestand sind oder nicht in Vollzeit erwerbstätig sind ihre Eltern, Partner, andere Angehörige oder helfen bei Nachbarn aus. Arbeiten in Zukunft Frauen länger und häufiger in Vollzeit, kann die Pflege für diese Personengruppen in Gefahr geraten. Gleichzeitig haben immer mehr Personen im höheren Alter keine Kinder oder andere nahe Angehörige. Dieses Loch kann derzeit jedoch nicht vollständig durch professionelle Pflegekräfte ausgefangen werden.

Mögliche Fragestellungen:

  • Wie kann die Gesellschaft diese Lücke an Pflegekräften füllen?
  • Kann man sich (individuell) frühzeitig mit dieser Thematik beschäftigen?
  • Können Mehrgenerationenhäuser eine Lösung sein?
  • Muss/kann man sinnvoll vorbauen und seine eigenen 4 Wände altersgerecht machen?
  • Wird man dabei unterstützt?
  • Lohnen sich private Versicherungen, um die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung aufzustocken (für Leute mit/ohne Kinder)?
  • Wie können pflegende Angehörige unterstützt werden?
  • Wie kann man es schaffen, dass sich mehr Personen frühzeitig mit der Thematik auseinandersetzen?
Must-Read Literatur

https://www.barmer.de/resource/blob/1142760/9ec71d5ae2f750239f74532a33d14490/barmer-pflegereport-2022-bifg-data.pdf (nicht in Gänze aber eine gute Grundlage)

Weiterführende Literatur

OECD Health Working Paper No. 140 (wird zur Verfügung gestellt)

Preventing Aging Unequally (wird zur Verfügung gestellt)

https://www.pflege.de/pflegekasse-pflegefinanzierung/pflegeversicherung/pflegevorsorge/?CID=google_700000001562721.8481866827.83562583902.404836027843.kwd-3982428261&gad=1&gclid=CjwKCAjww7KmBhAyEiwA5-PUSs0_OQDqlOhqswx6tU_aNIkGtCTHNj9-9_SF8pr18BTom_Sndafl7BoCdcMQAvD_BwE&gclsrc=aw.ds

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Das Thema wird betreut von

Björn Fischer-Weckemann

Björn Fischer-Weckemann arbeitet seit August 2022 als Post-Doc am ZEW im Bereich Arbeitsmärkte und Sozialpolitik und forscht zu Themen rund um das Renten-, und Pflegesystem. Dabei nutzt er verschiedenste empirische Methoden und Datensätze, um kausale Analysen politikrelevanter Fragestellungen zu untersuchen. Er hat im Juli 2022 in Berlin an der FU Berlin und dem DIW Berlin unter Prof. Dr. Peter Haan promoviert.