Ungleiche Belastung – Wie lässt sich denen helfen, die besonders von der Inflation betroffen sind

von Prof. Dr. Ulrich Fritsche, Victoria Hünewaldt und Max Weinig, Universität Hamburg

In den vergangenen Monaten haben wir in Deutschland eine Phase von hohen bis sehr hohen Inflationsraten durchlebt. Das bedeutet, dass die Preise von Produkten oder Dienstleistungen gestiegen sind, was wiederum viele Haushalte vor finanzielle Herausforderungen stellt. Es ist daher kaum verwunderlich, dass laut aktuellen Umfragen die Inflation in der Bevölkerung zu den dringendsten politischen Problemen gezählt wird (Caisl et al. 2023). Doch warum ist Inflation überhaupt ein Problem? In einer Marktwirtschaft ist es vollkommen normal, dass sich Preise für Güter und Dienstleistungen ändern. Das alleine hat noch keine Inflation zur Folge. Erst wenn Preise in der Breite ansteigen, spricht man von Inflation. Die Berechnung der Inflation erfolgt daher auch als durchschnittliche Preisveränderung eines repräsentativen Warenkorbs an Gütern (Harmonisierter Verbraucherpreisindizes (HVPI)). Dies umfasst alltägliche Güter, wie z.B. Lebensmittel, Zeitungen oder Benzin, aber auch andere Güter wie z.B. Computer, Waschmaschinen oder Dienstleistungen (Versicherungen, Haarschnitte oder Mieten etc.). Steigt der durchschnittliche Preis dieses Warenkorbs an, sprechen wir von Inflation. Bis zu einem gewissen Grad ist ein solcher Anstieg von den Zentralbanken gewünscht (um die 2%). Erst wenn die Inflationsraten deutlich über diese Rate ansteigen, kann dies zu gesellschaftlichen Kosten führen. Solche Kosten betreffen den Rückgang der Reallöhne bzw. der Kaufkraft von Haushalten aber auch die Kosten von gesellschaftlichen Umverteilungskämpfen (z.B. von Streiks).

Die Inflation trifft nicht alle Haushalte gleichermaßen. Haushalte mit geringerem Einkommen müssen einen größeren Teil ihres Einkommens für Nahrungsmittel und Haushaltsenergie ausgeben. Während Haushalte mit höheren Einkommen oft flexibler ihre Konsumgewohnheiten anpassen können, bleibt Haushalten mit geringerem Einkommen hier kaum Spielraum. Daher werden sie von Teuerungsraten in den Bereichen von unverzichtbaren Gütern wie Lebensmitteln und Haushaltsenergie in der Regel besonders stark getroffen. Familien mit niedrigem Einkommen (2000-2600€/Monat) hatten im März 2022 eine Inflationsbelastung von 7,9 Prozent. Das entspricht einer monatlichen Zusatzbelastung von 90€. Für Familien und Alleinerziehende mit zwei Kindern und mittlerem Einkommen (3600-5000€/Monat) betrug die Inflationsrate je 7,4 Prozent, was einer monatlichen Zusatzbelastung von 106€ entspricht. Bei Alleinlebenden mit hohem Einkommen (>5000€/Monat) lag sie dagegen bei 6,0 Prozent, d.h. eine monatliche Zusatzbelastung von 76€ (Dullien und Tober, 2022).

Die Idee dieses YES-Themas ist es, eine konkrete Maßnahme zu entwickeln, die die Inflationsbelastung für Haushalte mit geringeren Einkommen abfedern kann.

Wie kann sichergestellt werden, dass besonders stark betroffene Haushalte sich weiterhin Lebensmittel leisten können? Wie kann die Inflationsbelastung für Haushalte mit geringeren Einkommen abgefedert werden?

Must-Read Literatur

* Caisl, J., et al. (2023), „The uneven impact of high inflation“, OECD Papers on Well-being and Inequalities, No. 18, OECD Publishing, Paris, https://doi.org/10.1787/59e2b8ae-en
* Dullien/Tober (2023) IMK Inflationsmonitor Januar 2023 (ältere und neuere Ausgaben empfohlen), <https://www.imk-boeckler.de/de/faust-detail.htm?sync_id=HBS-008548>

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Ulrich Fritsche

Prof. Dr. Ulrich Fritsche

Seit Oktober 2009 ist Ulrich Fritsche Universitätsprofessor für Volkswirtschaftslehre, insbesondere Empirische Wirtschaftsforschung, am Fachbereich Sozialökonomie der Universität Hamburg. Er ist darüber hinaus seit 2010 Forschungsprofessor an der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich und seit 2013 Mitglied des Research Program on Forecasting der George Washington University, Washington, D.C.

Seine Forschungsschwerpunkte liegen in Bereichen der angewandten makroökonomischen Forschung, speziell der Analyse von Prognosen und Erwartungen, der Erwartungsbildung in makroökonomischen Modellen sowie der europäischen Integration.

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Victoria Hünewaldt

Victoria Hünewaldt

Victoria Hünewaldt studierte im Bachelor Philosophy & Economics an der Universität Bayreuth mit Auslandsjahr an der Sorbonne Universität Paris. Im Master studierte sie Inequalities & Social Science an der London School of Economics & Political Science. Sie absolvierte Praktika im Wissenschaftszentrum für Sozialforschung Berlin, im Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung und am Institut für ökologische Wirtschaftsforschung.

Gegenwärtig befasst sie sich in ihrer Dissertation mit (Fehl-)Wahrnehmungen von Ungleichheit und der Rolle gesellschaftlicher Narrative dabei.

Max Weinig

Max Weinig

Max Weinig studierte Ökonomische und Soziologische Studien (AWG) im Master an der Universität Hamburg. Zuvor absolvierte er den Bachelorstudiengang Staatswissenschaften mit dem Schwerpunkt Wirtschaftswissenschaften an der Universität Erfurt. Als wissenschaftliche und studentische Hilfskraft war er u.a. an der Professur von Prof. Dr. Ulrich Fritsche sowie für die Arbeitsgruppe Glücksspielforschung an der Universität Hamburg und am Max-Weber-Kolleg an der Universität Erfurt tätig.

Gegenwärtig liegt sein Forschungsschwerpunkt in seinem Dissertationsprojekt auf Fragen der Erwartungsbildung und des Einflusses von ökonomischen Narrativen. Seit 2023 erforscht er im Rahmen des Projektes “Inflation narratives in large text corpora” Inflationsnarrative in großen Textkorpora.