Wer pflegt uns, wenn wir alt sind – Fachkräftemangel in der Pflege

von Juliane Theiß und Walli Hoffmann, Universität Leipzig

57.000 offene Stellen und eine Fachkräftelücke (Differenz zwischen offenen Stellen und Arbeitslosen) von 35.000 Personen in Gesundheits- und Pflegeberufen belegen unmissverständlich, dass sich in Deutschland eine verheerende Entwicklung zur Versorgung alter und pflegebedürftiger Menschen abzeichnet. Diese Situation herrscht nicht erst seit der Corona-Pandemie, ist aber seither verstärkt in den Blickpunkt geraten.

Neben dem demografischen Wandel und der zunehmenden Akademisierung konzentrieren sich die Ursachen vor allem auf die mangelhafte Attraktivität der Pflegeberufe. Die Entlohnung ist zu gering, auf eine Pflegekraft kommen zu viele Patienten und Patientinnen und die Schichtarbeit sowie die körperliche Tätigkeit strapazieren die Gesundheit der Mitarbeitenden. Im Pflegeberuf kommt es häufig zu Kündigungen und fachfremden Jobwechseln nach einigen Jahren der Erwerbstätigkeit in der Pflege.

Erste Initiativen zur Vermeidung der Fluktuation sowie zur Erleichterung der Arbeit für bestehendes Personal und somit zur Erhöhung der Arbeitszufriedenheit sind bereits gestartet. Verbesserungen in der Arbeitssituation wünschen sich die Mitarbeitenden u.a. in den Bereichen der Entlohnung, Mitsprache, dem Gesundheitsmanagement, der Digitalisierung von Dokumenten und auch der technischen Unterstützung. Hier könnten beispielsweise Roboter zur physischen Unterstützung der Pflegekräfte, mittels Transport- oder Heberobotern, einen Mehrwert bringen. Inwiefern eine Arbeitszeiterhöhung als Lösung in Pflegeberufen in Frage kommt, ist zu diskutieren. Um auch zukünftig Fachpersonal zu bekommen, ist seit dem 1. Januar 2020 die Pflegeausbildung umstrukturiert, generalistischer gestaltet sowie um die Möglichkeit eines Pflegestudiums ergänzt worden, um den Pflegeberuf auch für Abiturienten und Abiturientinnen attraktiv zu machen. Mittels der Initiative „Triple Win“ sollen Pflegefachkräfte aus dem Ausland gewonnen werden und die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse soll vereinfacht werden.

Doch genügt das alles? Es ist Zeit, uns gemeinsam mit der Frage zu beschäftigen: Wer pflegt uns, wenn wir alt sind?

Zunächst einmal sollte es darum gehen, sich die Situation im Pflege- und Gesundheitsbereich bewusst zu machen, d.h. im ersten Schritt zu fragen „Warum liegt ein Fachkräftemangel vor“? Hierfür gibt es verschiedene Ansatzpunkte, bspw. den demografischen Wandel, die schlechten Arbeitsbedingungen sowie die zunehmende Akademisierung.

Im 2. Schritt geht es um die Frage: „Was passiert, wenn wir keine Lösung finden?“

Im 3. Schritt werden – ggf. basierend auf Befragungen im Pflegebereich – Lösungen entwickelt. Die Frage „Welche Institutionen, Technologien oder Innovationen können eine Lösung bieten?“ steht im Vordergrund. Dabei können Lösungen sowohl auf politischer Ebene (Bund, Land und Kommune), in der Wissenschaft sowie bei Arbeitgebenden gedacht werden.

Must-Read Literatur

Boscher et al. (2021)_Einsatz und Erfolg gesundheitsbezogener Maßnahmen zur Personalbindung in der Pflege: Ergebnisse einer schriftlichen Befragung von Führungskräften aus der Region Bodensee-Oberschwaben

Seyden et al. (2021)_KOFA_Kompakt_Pflegeberufe

(Wird dem Team später zur Verfügung gestellt)

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Das Thema wird betreut von

Walli Hoffmann

Foto: Juliane Theiß

Walburga Hoffmann ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Dienstleistungsmanagement. Nach einer Dekade in der physiotherapeutischen Praxis entschied sie sich für ein wirtschaftswissenschaftliches Studium und am Ende für die wissenschaftliche Arbeit an der Universität Leipzig. Sie betreut seit Beginn 2019 die Bachelor- und Masterstudierenden in den verschiedenen Modulen der Professur und forscht im Bereich digitaler Gesundheitsdienstleistungen.

Juliane Theiß

Foto: Walli Hoffmann

Juliane Theiß ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Personalwirtschaftslehre an der Universität Leipzig. Nach dem Studienabschluss 2013 an der Humboldt-Universität zu Berlin sammelte sie Berufserfahrung und kehrte im September 2017 an die Universität zurück. Neben den Lehraktivitäten in den Modulen Entgeltmanagement und Unternehmensführung und des wissenschaftlichen Arbeitens forscht sie insbesondere zu psychologischen Verträgen in Arbeitsverhältnissen und interkultureller Diversität, insbesondere im Pflege- und Gesundheitssektor.