Helene-Lange-Gymnasium Rendsburg

3. Platz YES! 2023

Tierwohl belohnen, Qualität fördern: Gemeinsam für eine tiergerechte Zukunft

Momentan stammen über 90% des in Deutschland verzehrten Fleisches aus Massen- & Intensivhaltung. Die Bedingungen in diesen Ställen sind schrecklich: Hühner zum Beispiel verbringen oft ihr gesamtes Leben auf einer Fläche von zwei DIN-A4 Seiten (1.100 cm2 pro Tier) und werden oft so stark gemästet, dass ihre Knochen brechen. Aufgrund des Platzmangels attackieren sich sowohl Kühe als auch Schweine oftmals gegenseitig und ihre offenen Wunden entzünden sich, da sie in ihren eigenen Ausscheidungen stehen. Der resultierende extreme Antibiotikakonsum schadet auch den Konsumenten dieser Produkte.

Unser Ziel ist es, das Verbraucherverhalten zu verbessern und umzulenken: Weg von der Intensiv- & Massentierhaltung, hin zu einer bewussten, artgerechten Tierhaltung. Es gibt bereits das „Haltungsformen-Siegel“ welches die Tierhaltung anhand zahlreicher Kriterien in die Kategorien 1-4 einteilt. Dieses Siegel möchten wir für unsere Idee nutzen und ausbauen. Denn die Konsumenten sind bezüglich der Haltungsformen nicht ausreichend aufgeklärt. Ihnen ist zwar bewusst, dass billiges Fleisch aus Kategorie 1 schlechtere Bedingungen für Tiere aufweist als das teurere Fleisch aus Kategorie 4, trotzdem wird nicht deutlich, WIE schlecht die Bedingungen wirklich sind. Daher unsere Idee: Schockbilder auf Tierprodukten! 

Orientiert an Zigaretten-Schockbildern (die in fast allen teilnehmenden Ländern Wirkung zeigen) möchten wir auf jedes Fleischprodukt ein Symbolbild drucken was einen typischen Stall der jeweiligen Haltungsform von innen zeigt. Durch diese Verbildlichung der Haltungsformen möchten wir die Nachfrage nach Fleisch aus Haltungsform 1 & 2 auf Haltungsform 3 & 4 verlagern (Emotional Framing). Voraussetzung dafür ist eine gesetzliche Verpflichtung zur Kennzeichnung der Haltungsform, nicht nur bei Schweinefleisch.
Um diese erhöhte Nachfrage nach „gutem“ Fleisch auch decken zu können müssen wir Landwirten weitere Anreize geben, um auf artgerechte Haltung umzusteigen, denn: Aus ökonomischer Sicht ist artgerechte Haltung momentan unattraktiv. Wir möchten eine Tierwohlsteuer einführen, bei welcher die Abgaben stets sinken, desto mehr Platz ein Landwirt seinen Tieren gibt (Abgabe nach Tieren pro m2).
Gleichzeitig möchten wir eine Weideprämie auszahlen, wenn Tiere auf die Weide gelassen werden, damit möglichst viele Tiere ein Leben im „Freien“ genießen können.
Uns ist bewusst, dass viele Landwirte nicht die finanziellen Mittel haben, um ihren Hof so umzustrukturieren, dass artgerechte Haltung möglich ist. Deshalb möchten wir mit dem Erlös aus der Tierwohlsteuer Geld bereitstellen, um Landwirten bei der Umstrukturierung ihrer Höfe unter die Arme zu greifen.

Wie sieht die Produktion von Tierprodukten in der Zukunft aus?

von Anette Ruml, Lisa Hoffmann und Katharina Fietz, GIGA – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien

Unsere Gesellschaft diskutiert die Produktion und den Konsum von Tierprodukten wie Fleisch, Milch und Eiern sehr kontrovers. Das liegt daran, dass es in der Tierproduktion Zielkonflikte zwischen verschiedenen Nachhaltigkeitsdimensionen gibt, die schwierig miteinander vereinbar sind. Dies sind die ökonomischen, ökologischen, tierwohlbezogenen und gesundheitlichen Dimensionen.

Ökonomische Nachhaltigkeit bedeutet, dass Gewinne erzielt werden, ohne die benötigten Ressourcen für die Gewinnerzielung langfristig zu schädigen. Fleisch-, andere Tierprodukt- und Futterindustrien sind bedeutende Bestandteile unserer Wirtschaft und stellen eine wichtige Einkommensquelle für Bäuerinnen und Bauern dar. Gleichzeitig ist es für Landwirt*innen immer schwieriger, ihre Betriebe profitabel zu betreiben—weitere Auflagen wie eine zusätzliche Besteuerung oder die bauliche Veränderung von Ställen stößt hier häufig auf Kritik.

Ökologisch nachhaltig sind diese Industrien nicht, da die Produktion von Tierprodukten deutlich klimaschädlicher ist als die Produktion pflanzlicher Produkte. Das beinhaltet nicht nur die Ausstoßung von Treibhausgasen, sondern auch die Auswirkungen auf den landwirtschaftlich genutzten Boden. Besonders die Massentierhaltung ist darauf ausgelegt, mehr und günstiger (auf weniger Raum) für den Exportmarkt zu produzieren.

Zu den negativen Auswirkungen auf das Klima kommt hinzu, dass die Tiere (besonders in der Massentierhaltung) oft unter schlechten Bedingungen gehalten werden. Alternativen zur aktuellen Massentierhaltung bieten bislang nur kleinere Biobetriebe, allerdings sind lediglich 13,4% aller Landwirtschaftsbetriebe Bio-Höfe. Für Kosument*innen sind die Herstellungsbedingungen von Fleischprodukten nicht klar zu erkennen. Obwohl einige Labels, wie z.B. das Bio-Siegel, die Initiative Tierwohl oder die Haltungsformkennzeichnung uneinheitliche Informationen bieten, gibt es in Deutschland bislang kein verbindliches staatliches Siegel. Die Einführung eines solchen bundesweiten Siegels wird derzeit aber stark diskutiert. In den einzelnen Bundesländern gibt es regionale Initiativen, so z.B. die Tierwohl-Initiative des Bauernverbands Schleswig-Holstein, die sich mit Themen wie der Schlachtung von trächtigen Rindern, Enthornung, Ferkelkastration, Schnäbel kürzen und Küken töten beschäftigt. Das Agrarinvestitionsförderungsprogramm besteht aus einer Förderung für Betriebe, die Investitionen in eine besonders artgerechte Tierhaltung durchführen und besondere Anforderungen in den Bereichen Umwelt- und Klimaschutz erfüllen.
Schließlich gibt es gesundheitliche Aspekte: Generell gilt, dass täglicher Fleischkonsum weder nötig noch empfehlenswert ist. Die deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. empfiehlt, nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch pro Woche zu essen. Gleichzeitig empfiehlt sie jedoch, täglich Milch oder Milchprodukte zu sich zu nehmen und ein- bis zweimal die Woche Fisch zu essen.

In Deutschland geht der durchschnittliche Fleischkonsum seit Jahren zurück und immer mehr Bürger*innen fordern „Bauernhöfe statt Agrarfabriken“, ernähren sich vegetarisch oder vegan, achten auf die Herstellung der Fleisch- und Tierprodukte und fordern zum Teil sogar eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, um den Konsum weiter einzudämmen. Von Seiten der Forschung werden alternative Produktionsmodelle, wie z.B. die Kreislaufökonomie, technologische Innovationen und mehr Diversität in Agrarbetrieben diskutiert und untersucht. Vereinzelt setzen Bauern auf proaktives Marketing, etwa auf Instagram, um das tägliche Leben von Bauern zu erklären (z.B. Deichdeern).

Die Produktion von tierischen Lebensmitteln steht somit vor verschiedenen Herausforderungen. Einerseits muss sie ökologischer werden. Andererseits muss sie sich an eine sich verändernde Ernährungsweise anpassen und gleichzeitig die ökonomischen und die tierwohlbezogenen Dimensionen miteinbeziehen. Es gibt also viele mögliche Ansatzpunkte, die Produktion tierischer Lebensmittel in Zukunft neu zu gestalten.


GIGA – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien

Anette Ruml

Dr. Anette Ruml arbeitet am German Institute for Global and Area Studies. Ihr Forschungsschwerpunkt ist die Rolle verschiedener Produzenten in globalen Wertschöpfungsketten und die sozioökonomischen (und ökologischen) Effekte verschiedener Organisationsmodelle. Sie hat an der Universität Göttingen zum Thema Integration von Kleinbauern in Wertschöpfungsketten durch Vertragslandwirtschaft promoviert.

Lisa HoffmannDr. Lisa Hoffmann arbeitet am GIGA Institut für Afrika-Studien in Hamburg. Sie hat zum Thema „Sozialer Zusammenhalt in Subsahara-Afrika“ promoviert und im Rahmen der Promotion Feldforschung in Ghana, Kenia, Liberia und Tansania durchgeführt. Momentan beschäftigt sie sich mit der Rolle von Religion für Frieden, Konflikt und Entwicklung.

Katharina Fietz
Katharina Fietz ist Doktorandin am German Institute for Global and Area Studies und an der Georg-August-Universität Göttingen. Ihre aktuelle Forschung fokussiert sich auf soziale Absicherungssysteme und Arbeitsmärkte. Katharina hat an der NOVA School of Business and Economics ihren Master in Volkswirtschaftslehre absolviert und im Anschluss zwei Jahre bei der Weltbank gearbeitet.