„Why so serious“: Wie macht das Investieren an der Börse Spaß, ohne dass zu sehr gezockt wird?

von Prof. Dr. Alexander Hillert, Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE

Der Handel mit und die Investition in Aktien ist für viele Menschen immer noch ein Buch mit sieben Siegeln. Einerseits ist die Angst groß, dabei Geld zu verlieren. Andererseits besteht oft die Skepsis, dass Aktienhändler skrupellose Zocker sind. Beide Faktoren tragen dazu bei, dass sich die Vorurteile gegen den Börsenhandel hartnäckig halten.

Zuletzt haben immer mehr Menschen in Deutschland und den USA während der Corona-Pandemie den Aktienhandel für sich entdeckt. Dieser Boom der Kleinanleger ist im Jahr 2021 plötzlich zum Stillstand gekommen. Warum?

Leider haben viele Erstanleger nicht nur mit börsengehandelten Fonds (ETFs) oder Aktien zu handeln angefangen, sondern auch mit riskanten Wertpapieren wie Derivaten, die sie möglicherweise nicht vollständig verstanden haben. Einerseits haben innovative Trading-Apps wie Robinhood Erstanleger an den Markt gelockt, andererseits fördern diese Apps ein riskantes und spekulatives Handelsverhalten.

Der Handel mit so genannten Meme-Aktien wie GameStop oder AMC Entertainment ist ein gutes Beispiel für spekulativen Handel, der wohl nichts mit den Fundamentaldaten eines Unternehmens zu tun hat. Forscher und Aufsichtsbehörden, insbesondere die US-Börsenaufsichtsbehörde, sind besorgt über das Zocken mit Wertpapieren. Bei Robinhood zum Beispiel regnete virtuelles Konfetti auf die Smartphones der Nutzer, nachdem sie mit einer Aktie gehandelt hatten. Aufgrund anhaltender Kritik entfernte Robinhood schließlich den Konfetti-Regen aus der App.

Die wissenschaftliche Literatur geht zwar davon aus, dass sich Investitionen in den Aktienmarkt langfristig positiv auf das Vermögen auswirken (Siegel und Thaler 1997), aber sehr häufiges Handeln (Odean 1999 und Barber und Odean 2001) und/oder der Handel mit risikoreichen Wertpapieren (Kumar 2009) mit schlechter Performance in Verbindung gebracht wird. Übermäßiger Handel, der zu einer schlechten Performance führt, ist bei Männern ausgeprägter als bei Frauen, da Männer mehr von sich überzeugt sind, wenn es um Börsengeschäfte geht (Barber und Odean 2001).

Aus diesem Hintergrund ergeben sich mehrere Schlüsselfragen für Investoren, Forscher und Regulierungsbehörden: Wie kann man mehr Menschen dazu bringen, sich am Aktienmarkt zu beteiligen, sie aber gleichzeitig davon abhalten, zu viel zu handeln und mit (zu) riskanten Wertpapieren zu handeln, die sie möglicherweise nicht vollständig verstehen? Wie würde eine Trading-App aussehen, die darauf abzielt, das Vermögen der Anleger zu maximieren? Welches Feedback brauchen die Anleger, um aus ihren Anlagefehlern zu lernen und beim nächsten Mal bessere Entscheidungen zu treffen?

Must-Read Literatur

Barber, Brad M. and Odean, Terrance. “Boys Will be Boys: Gender, Overconfidence, and Common Stock InvestmentAuthor(s).” The Quarterly Journal of Economics, Vol. 116, No. 1 (2001): 261-292 [available at http://www.jstor.org/stable/2696449]

McCabe, Catilin. “Markets: Robinhood to Remove Controversial Digital Confetti From Trading App – The confetti, which critics alleged was a gamification strategy, will be replaced with new designs.” The Wall Street Journal (2021) [available at Robinhood to Remove Controversial Digital Confetti From Trading App – WSJ]

Kalda, Ankit and Loos, Benjamin and Previtero, Alessandro and Hackethal, Andreas. “Smart(Phone) Investing? A within Investor-Time Analysis of New Technologies and Trading Behavior.” SAFE Working Paper No. 303 (2021) [available at https://ssrn.com/abstract=3765652]

Odean, Terrance. “Do Investors Trade Too Much?” The American Economic Review, Vol. 89, No. 5 (1999): 1279-1298 [available at http://www.jstor.org/stable/117058]

Popper, Nathaniel. “Robinhood Has Lured Young Traders, Sometimes With Devastating Results.” The New York Times (2021) [available at Robinhood Has Lured Young Traders, Sometimes With Devastating Results – The New York Times (nytimes.com)]

Siegel, Jeremy J. and Thaler, Richard H. “Anomalies: The Equity Premium Puzzle.” Journal of Economic Perspectives, Vol. 11, No. 1 (1997): 191-200 [available at https://www.jstor.org/stable/2138259]

TipRanks. “Why GameStop Stock (NYSE:GME) Remains a Newbie Investment.” Nasdaq (2022) [available at Why GameStop Stock (NYSE:GME) Remains a Newbie Investment | Nasdaq]

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Prof. Dr. Alexander Hillert

Prof. Dr. Alexander Hillert ist Programmdirektor des Research Data Center und Professor für Finance und Data Science am Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE. Vor seiner Tätigkeit bei SAFE hatte Hillert die Professur für Nachhaltiges Asset Management am House of Finance der Goethe-Universität Frankfurt inne. Er promovierte an der Graduate School of Economic and Social Sciences der Universität Mannheim.

In seiner Forschung beschäftigt sich Alexander Hillert mit Asset Pricing, Corporate Finance sowie Behavioral Finance. Eine zentrale Fragestellung seiner Forschung ist, wie Kapitalmarktteilnehmer Informationen verarbeiten und interpretieren. Dabei arbeitet er mit Analyseverfahren aus der Computerlinguistik, um auch den Einfluss von textbasierten Informationen auf Kapitalmärkte systematisch zu untersuchen. Seine Arbeiten sind in international renommierten wissenschaftlichen Fachzeitschriften wie „Journal of Financial Economics“ und „Review of Financial Studies“ erschienen.