Ortenburg Gymnasium Oberviechtach

Wildcard-Team

Use Edyoumaps to close the gaps!

Liebe Expertinnen und Experten,
wir, das sind 14 Schülerinnen und Schüler des Ortenburg-Gymnasiums in Oberviechtach, haben uns mit dem Thema „Bildungs(un)gerechtigkeit in Deutschland: Wie kann man Chancengleichheit im Bildungswesen verbessern?“ beschäftigt. Dieses Thema war auch unser Wunschthema, da wir selbst eine Gruppe von SchülerInnen mit sehr heterogenem familiären Background sind und es uns deshalb ein Anliegen war, die Bildungsgerechtigkeit in Deutschland, beginnend bei uns im Landkreis Schwandorf (BY), zu verbessern.

Abb. 1: Bildungstrichter, Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V., 2021

Zahlreiche Studien haben einen Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft der Eltern und der Bildung der Kinder bewiesen (Kleinert et al., 2023). Auch der Bildungstrichter in Abbildung 1 stellt diesen Zusammenhang dar, wodurch festzustellen ist, dass Kinder, die aus einer Familie mit einem niedrigeren sozioökonomischen Status (Angaben der Eltern zu ihrem Bildungsniveau, ihrer beruflichen Stellung und ihrer Einkommenssituation) kommen, nicht die gleichen Bildungschancen erwarten können, wie ihre Altersgenossen mit einem sozioökonomisch besseren familiären Hintergrund (Wößmann et al. 2023).

Auch Familien mit Migrationshintergrund werden bei unserem Konzept berücksichtigt, da auch diese von unserer Konzeptidee profitieren (Hermes et al., 2021). Leider hat sich an der Ungleichheit der Bildungschancen in Deutschland in den letzten zehn Jahren nichts getan (Wößmann et al., 2023). Dieser Status-Quo ist bedauerlich und zeigt, dass trotz der gestiegenen Bildungsausgaben im Elementarbereich (Zunahme um mehr als 150% seit 2005 (bpb, 2022)) eine im Hinblick auf Bildungsgerechtigkeit ineffiziente Ressourcenverteilung vorliegt. Unseren Fokus haben wir auf den Elementarbereich gelegt, da Bildungsungleichheit bereits vor dem Beginn der Schulzeit besteht und schlechtestenfalls in der Schule verstärkt wird (Currie und Almond, 2011).

Wir haben es uns deshalb zur Aufgabe gemacht, mit Geburt eines jeden Kindes Bildungsgerechtigkeit in Zukunft erlebbar zu machen. Dafür haben wir eine App namens „Edyoumaps“ entwickelt, welche als „Marketplace“ dienen soll. Was schafft Edyoumaps? Zu einem Hauptziel haben wir es uns gesetzt, Informations- und Unterstützungsangebote über den Kita-Bewerbungsprozess auf unserer App zusammenzutragen, denn Kinder von Eltern mit Abitur haben eine um 14 Prozentpunkte höhere Wahrscheinlichkeit, eine frühkindliche Bildungseinrichtung zu besuchen, als Kinder von Eltern ohne Abitur (Jessen et al. 2020).

Abb. 2: Effekte der Unterstützungsmaßnahmen auf Kita-Bewerbung und Inanspruchnahme, Hermes et al., 2021

Studien, die in Rheinland-Pfalz erhoben wurden, können bestätigen, dass diese Angebote die Wahrscheinlichkeit deutlich erhöhen, dass bildungsfernere Familien einen Kita-Platz nutzen und sozioökonomische Unterschiede in der Kita-Nutzung verringern können, wie auch Abbildung 2 zeigt (Hermes et al., 2021). Durch unser anreizbasiertes System, welches verschiedene Möglichkeiten für Eltern, Kommunen und Unternehmen schafft, entsteht eine Situation, bei welcher der größte Gewinner das Kind ist. Natürlich bietet unsere App noch viele weitere Gadgets, von denen Sie sich in Hamburg überzeugen können. In diesem Zusammenhang sind wir auch in Kontakt mit den Trägern von Kindertageseinrichtungen sowie Expertinnen aus der Wissenschaft. Unser Ziel ist es den Status-quo-Bias zu durchbrechen und Verhaltensbarrieren abzubauen, um die sozioökonomische Lücke zu schließen. Deshalb liebe Expertinnen und Experten, seid auch ihr im Team der Bildungsgerechtigkeit – use Edyoumaps to close the gaps!

Thema:

Bildungs(un)gerechtigkeit in Deutschland: Wie kann man Chancengleichheit im Bildungswesen verbessern?

von Vera Freundl, Lavinia Kinne und Katharina Wedel, ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München

Bildung ist essentiell, um Wissen und Kompetenzen zu vermitteln und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Gibt es jedoch eine ungerechte Verteilung von Chancen im Bildungswesen, so sind diese Möglichkeiten nicht für alle Personen gleichermaßen gegeben. Dieses Projekt möchte zu einer gerechteren Gesellschaft beitragen, indem die Schulteams Maßnahmen zu einer besseren Chancengleichheit in der Bildung erarbeiten.

Chancenungleichheit kann sich in verschiedenen Formen zeigen. Wir verstehen darunter Ungleichheit in denjenigen Dimensionen, welche nicht von der individuellen Person beeinflusst werden können, wie zum Beispiel Geschlecht, Herkunft oder familiärer Hintergrund (vgl. Roemer und Trannoy, 2016). Auch in Deutschland ist Bildungsungerechtigkeit ein Problem. So hängt der eigene Bildungsweg oft vom Elternhaus ab: Von 100 Akademikerkindern beginnen 79 ein Studium, von 100 Nichtakademikerkindern nur 27 (Stifterverband für die Deutsche Wirtschaft, 2021; für weitere Beispiele siehe Wößmann, 2020). Die Bildungsforschung zeigt: Jedes zusätzliche Bildungsjahr bedeutet ein etwa 10% höheres Einkommen im späteren Arbeitsleben (Hanushek et al., 2015). Bei großen, anhaltenden Ungleichheiten im Bildungswesen klafft also die Schere zwischen Besser- und Schlechterverdienenden auf Dauer auseinander.

Doch es gibt bereits Forschung zu wirksamen Maßnahmen gegen Chancenungleichheit. So wurde beispielsweise gezeigt, dass Mentoring-Programme die Arbeitsmarktchancen von stark benachteiligten Jugendlichen verbessern können (Resnjanskij et al., 2021). Im frühkindlichen Bereich fand man, dass personalisierte Unterstützung bei der Kita-Bewerbung die Bewerbungsquote und die Kita-Inanspruchnahme von bildungsferneren Familien deutlich erhöhte (Hermes et al., 2021). Dies ist relevant, da Kinder aus diesen Familien besonders stark vom Kita-Besuch profitieren.

Die Idee dieses YES-Themas ist es, eine konkrete Maßnahme zu entwickeln, die Chancenungleichheit in eurer Umgebung (Kindergarten, Schule, Freizeit, Vorbereitung auf den Arbeitsmarkt) reduzieren kann. Die Initiative kann möglicherweise sogar auf die Besonderheiten eurer Umgebung abgestimmt sein – beispielsweise durch eine Zusammenarbeit mit lokalen Firmen, Institutionen, Politiker*innen oder Universitäten. Eure Idee kann sich sowohl auf den Schulalltag als auch auf den Alltag in der Nachbarschaft beziehen.

Habt ihr Bildungsungerechtigkeit schon selbst oder in eurem Umfeld erlebt?
Welche anderen Maßnahmen fallen euch ein, um Chancengleichheit im Bildungswesen zu verbessern?
Wie können solche Initiativen langfristig, inklusiv und fair umgesetzt werden?
Welcher Nutzen entsteht kurz- und langfristig, welche Kosten (Zeit, Geld, Prozessänderungen, …)?
Wie könnte man diese Maßnahmen an eurer Schule / in eurem Umfeld / in Deutschland umsetzen?


Logo ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München

Verena Freundl

Foto: ifo Institut

Vera Freundl ist Fachreferentin am Zentrum für Bildungsökonomik des ifo Instituts, München. Sie befasst sich mit dem Wissenschaftsmanagement des Bereichs und arbeitet z.B. mit repräsentativen Meinungsumfragen zu Bildungspolitik in Deutschland.

Lavinia Kinne

Foto: ifo Institut

Lavinia Kinne ist Doktorandin am ifo Institut in München im Bereich Bildungsökonomik. Ihre Forschungsinteressen liegen hauptsächlich im Bereich Geschlechterunterschiede sowie der Relevanz von Bildung auf dem Arbeitsmarkt, sie forscht aber auch zu internationalen Vergleichen von Bildungssystemen.

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Katharina Wedel

Foto: ifo Institut

Katharina Wedel ist Doktorandin am Zentrum für Bildungsökonomik des ifo Instituts in München. In ihrer Forschung untersucht sie die Wirksamkeit eines Mentoring-Programmes für Schüler und Schülerinnen in Deutschland sowie Determinanten von Schülerleistungen, insbesondere den Einfluss von Unterrichtszeit.