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Lost Generation – Was können wir gegen die verschärfte Bildungsungleichheit durch die Covid-19 Pandemie tun?

Lost Generation – Was können wir gegen die verschärfte Bildungsungleichheit durch die Covid-19 Pan-demie tun?

von Ann-Kristin Becker und Ina Sieberichs, Institut für Wirtschaftspolitik an der Universität zu Köln (iwp)

Im Zuge der Pandemiebekämpfung wurden seit März 2020 die Schulen wiederholt geschlossen. Während Grundschüler:innen soweit möglich in Präsenz oder zumindest im Wechselunterricht beschult wurden, fiel für viele Schüler:innen der höheren Klassen der Präsenzunterricht wochenlang weg.

Elternbefragungen legen nahe, dass sich die Lernzeit der Schüler:innen in Zeiten der Schulschließung halbiert hat. Mehr als die Hälfte der Eltern gab an, dass ihre Kinder während der Schulschließungen weniger als einmal pro Woche online unterrichtet wurden. Die Lernverluste unterscheiden sich dabei je nach Leistungsstärke und Haushaltskontext der Schüler:innen.

Die zunehmende Digitalisierung der Schulen während des ersten Lockdowns hat zwar dazu geführt, dass die Schüler:innen und Lehrer:innen im zweiten Lockdown wesentlich besser in Kontakt standen. Doch auch hier kam es zu einer erheblichen Differenz der Lernzeiten zwischen dem Stand vor und während der Pandemie. Studien über Schulschließungen während der Pandemie zeigen, dass diese zu deutlich schlechteren Ergebnissen in der jährlichen Lernstandserhebung geführt haben.

Die negativen Auswirkungen verringerter Lernzeit sind stärker bei Schüler:innen aus bildungsfernen Haushalten. Sie sind beim Lernen verstärkt auf die Unterstützung von Lehrkräften angewiesen, da ihre Familien ihnen nicht ausreichend beim Lernen helfen können. Die bereits existierende Bildungsungleichheit wurde daher durch die Pandemie noch verschärft und wird voraussichtlich weiter zunehmen. Diese Entwicklung hat langfristige Folgen. Denn schlechtere schulische Leistungen führen in der Regel zu schlechteren Berufschancen und zu einem niedrigeren Lebenseinkommen.

In Hinblick auf die langfristigen volkswirtschaftlichen Schäden ist es von besonderem gesellschaftlichem Interesse, die wachsende Bildungslücke so gut wie möglich zu schließen und Chancengleichheit in der Bildung zu steigern. In diesem Projekt soll eine Maßnahme entwickelt werden, die darauf abzielt, die seit der Covid-19-Pandemie gestiegene Bildungsungleichheit zu reduzieren. Vor dem Hintergrund wissenschaftlicher Erkenntnisse soll abgewogen werden, welche Maßnahme sich aus ökonomischer Perspektive dazu eignet, dieses Ziel zu erfüllen.

  • Wie haben sich die pandemiebedingten Schulschließungen auf Bildungschancen von Schüler:innen ausgewirkt?
  • Welche Schüler:innen sind am stärksten von den negativen Folgen der Schulschließungen betroffen?
  • Welche Maßnahme kann helfen, die steigende Bildungsungleichheit zu reduzieren?
Must-Read Literatur

Kohlrausch, B. (2021): Die Corona-Krise verschärft Bildungsungleichheit. In: WSI-Mitteilungen (06/2021). Online verfügbar unter https://www.wsi.de/data/wsimit_2021_06_kommentar.pdf

Anger, C., & Plünnecke, A. (2021): Schulschließungen: Auswirkungen und Handlungsempfehlungen. In: IW-Kurzbericht (No. 44/2021). Online verfügbar unter https://www.iwkoeln.de/fileadmin/user_upload/Studien/Kurzberichte/PDF/2021/IW-Kurzbericht_2021-Schulschlie%C3%9Fungen.pdf

Ludgar Wößmann (2020): Folgekosten ausbleibenden Lernens: Was wir über die Corona-bedingten Schulschließungen aus der Forschung lernen können. In: ifo Schnelldienst 73 (Nr. 06), S. 38–44. Online verfügbar unter https://www.ifo.de/DocDL/sd-2020-06-woessmann-corona-schulschliessungen.pdf

Weiterführende Literatur

Anger, C., & Plünnecke, A. (2020): Schulische Bildung zu Zeiten der Corona-Krise. In: Perspektiven der Wirtschaftspolitik 21 (4), S. 353–360. DOI: 10.1515/pwp-2020-0055. Online verfügbar unter https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/pwp-2020-0055/html

Wößmann, L., Freundl, V., Grewenig, E., Lergetporer, P., Werner, K. & Zierow, L. (2020): Bildung in der Coronakrise: Wie haben die Schulkinder die Zeit der Schulschließungen verbracht, und welche Bildungsmaßnahmen befürworten die Deutschen? In: ifo Schnelldienst 73 (Nr. 06), S. 25–39. Online verfügbar unter https://www.ifo.de/DocDL/sd-2020-09-woessmann-etal-bildungsbarometer-corona.pdf

Huebener, M. & Schmitz, L. (2020): Corona-Schulschlieungen: Verlieren leistungsschwächere SchülerInnen den Anschluss? (30). In: DIW aktuell (Nr. 30) Online verfügbar unter http://hdl.handle.net/10419/216975.

Ständige wissenschaftliche Kommission der KMK (2021): Pandemiebedingte Lernrückstände aufholen – Unterstützungsmaßnahmen fokussieren, verknüpfen und evaluieren. Online verfügbar unter https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/KMK/SWK/2021/2021_06_11-Pandemiebedingte-Lernruckstaende-aufholen.pdf

Helbig, M. (2021): Lernrückstände nach Corona – und wie weiter? Anmerkungen zu den aktuell debattierten bildungspolitischen Maßnahmen zur Schließung von Lernlücken. In: Schule und Schulpolitik während der Corona-Pandemie: Nichts gelernt? DDS Die Deutsche Schule Beiheft (Band 18). Online verfügbar unter: https://elibrary.utb.de/doi/book/10.31244/9783830994589

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Ann-Kristin Becker

Ann-Kristin Becker ist seit Sommer 2021 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wirtschaftspolitik beschäftigt. Ihre Forschungsinteressen liegen in den Bereichen Entwicklungsökonomie, Klimapolitik und Wirtschaftsgeschichte.

Nach ihrem Bachelorstudium im Bereich der Angewandten Mathematik (B.Sc.) an der Universität zu Lübeck absolvierte sie ihren Masterstudiengang Economics (M.Sc.) an der Universität zu Köln. Inhaltlich lagen ihre Schwerpunkte in den Bereichen „Statistik und Ökonometrie” und „Wachstum, Arbeitsmärkte und Ungleichheit in der globalen Wirtschaft”. Während ihres Masterstudiums war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Evaluierungsinstitut der Entwicklungszusammenarbeit (DEval) beschäftigt. Nach ihrem Masterabschluss arbeitete sie zunächst als Carlo-Schmid-Stipendiatin und anschließend als Consultant beim United Nations High Comissioner for Refugees (UNHCR) in Genf.

Ina Sieberichs

Ina Sieberichs ist seit 2022 als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wirtschaftspolitik beschäftigt.

Sie forscht schwerpunktmäßig im Bereich der durch die Pandemie veränderten Herausforderungen der Staatsverschuldung, Inflation und Geldpolitik. 

Nach ihrem Bachelorstudium in Politik und Wirtschaft (B.A.) an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Universidad de Granada in Spanien absolvierte sie ihren Masterstudiengang Economics (M.Sc.) an der Universität zu Köln sowie an der Tel Aviv University in Israel. Inhaltlich lagen ihre Schwerpunkte in den Bereichen „Statistik und Ökonometrie” und „Wachstum, Arbeitsmärkte und Ungleichheit in der globalen Wirtschaft”. Sie sammelte praktische Erfahrung unter anderem als Praktikantin bei der Deutschen Auslandshandelskammer in Lima, Peru, und bei der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit in Bonn und arbeitete in der volkswirtschaftlichen Grundsatzabteilung im Bundesministerium der Finanzen.

Lost Generation – Was können wir gegen die verschärfte Bildungsungleichheit durch die Covid-19 Pandemie tun?2023-12-11T14:53:48+01:00

Der ökologische Fußabdruck unseres Essens auf dem Prüfstand – Wie kann eine nachhaltige Ernährung aussehen? (2024)

Der ökologische Fußabdruck unserer Ernährung in der Diskussion – Wie kann eine nachhaltige Ernährung aussehen?

von Eva Seewald und Ronja Seegers, Leibniz Universität Hannover

Der Klimawandel ist die herausforderndste Aufgabe unserer Zeit. Im Zuge dessen steht nicht nur unser Wirtschaftssystem auf dem Prüfstand, sondern auch unsere Ernährungsweise und die Art wie wir mit Lebensmitteln umgehen. Die Ernährungsweise der Industrienationen ist saisonunabhängig, was den Transport von Lebensmitteln aus anderen Regionen der Welt zur Folge hat. Nicht nur auf direktem Weg gelangen diese Lebensmittel in unsere Supermärkte, sie dienen zudem als Futter für Tiere, die dann als Fleischprodukte bei uns in den Umlauf kommen. Beim Transport dieser Produkte werden klimaschädliche Gase freigesetzt, aber auch der Anbau und die Produktion haben negative Auswirkungen auf unser Klima. So werden Wald- oder Grasflächen zu Ackerflächen – überwiegend Monokulturen – umgewandelt, die weniger CO2 speichern und die Biodiversität und Wasserkreisläufe belasten. Diese Art der Lebensmittelproduktion und -distribution hat aber nicht nur negative Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt, auch beeinflusst sie in hohem Maße die Ernährungssicherung vieler Bevölkerungen. Während in den Industrienationen ein Viertel der Menschen an Gesundheitsschäden durch Über- und Fehlkonsum von Lebensmitteln leidet, leidet im globalen Süden ein Viertel der Bevölkerung unter Hunger und Mangelernährung. Zusätzlich wird vor allem in den Industrienationen ein großer Teil der Lebensmittel weggeworfen.

Ein weiterer Treiber des Klimawandels ist im weltweit steigenden Konsum von Fleischprodukten zu finden. Tiere benötigen Flächen auf denen sie leben, aber auch für den Anbau von Futter werden Ackerflächen benötigt. Zusätzlich stoßen Tiere klimaschädliche Gase wie Methan aus, die weitaus schlimmer für unser Klima sind als CO2. Aufgrund von Massentierhaltung kommt es zu vermehrten Antibiotikagaben, die wiederum Wasserkreisläufe belasten und auch für den Menschen gefährlich werden können, z. B. durch die Entstehung antibiotikaresistenter Bakterien.

Insgesamt wird geschätzt, dass ein Viertel der CO2-Emissionen in Deutschland durch unsere Ernährung entsteht. Undurchsichtige Produktionswege und -bedingungen sowie niedrige Preise erschweren den Konsumenten die Wahl bei ihren Kaufentscheidungen. Doch wird auch klar, welches Potential in unserer Ernährungsweise steckt, um etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Hier müssen integrative Wege entwickelt werden, wie eine nachhaltige Umstellung unserer Ernährung erfolgen kann.

Mögliche Fragestellungen:

  • Welche nachhaltigen Lösungsansätze und Potenziale bestehen, um unsere Ernährungsweise zukünftig so zu gestalten, dass diese einen Beitrag für die Bewältigung des Klimawandels und der Mangelernährung (ungesunde Ernährung in den Industrienationen und mangelnde Nahrungsquellen im globalen Süden) liefern kann?
  • Wie werden diese Ansätze und Möglichkeiten in der Wissenschaft und Politik diskutiert?
  • Wie können politische Lösungen auf nationaler und europäischer Ebene aussehen?
  • Wie kann jede*r Einzelne durch sein Handeln zur Lösung dieses Problems beitragen?
  • Welche Herausforderung und Hürden müssen überwunden werden und wie kann dies geschehen?

Die Beschäftigung mit den sozialen, ökologischen und ökonomischen Folgen unserer aktuellen Ernährungsweise kann die Schüler*innen unterstützen, aktuelle Produktionsverfahren, eigene und gesellschaftliche Konsummuster sowie bestehende Machtverhältnisse zu hinterfragen. Des Weiteren hilft es ihnen dabei Gerechtigkeits- und Verteilungsaspekte zu reflektieren und daran anschließend eigene nachhaltige Lösungsansätze zu erkennen und umzusetzen.

Must-Read Literatur

WBGU – Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (2020). Landwende im Anthropozän: Von der Konkurrenz zur Integration. Kapitel 2.2 Das Trilemma der Landnutzung & Kapitel 3.4 Die Transformation der tierproduktlastigen Ernährungsstile in den Industrieländern vorantreiben. Berlin: WBGU. https://www.wbgu.de/fileadmin/user_upload/wbgu/publikationen/hauptgutachten/hg2020/pdf/WBGU_HG2020.pdf

EAT-Lancet Commission. Food Planet Health. Healthy Diets From Sustainable Food Systems. Summary Report of the EAT-Lancet Commission. https://eatforum.org/content/uploads/2019/07/EAT-Lancet_Commission_Summary_Report.pdf

Weiterführende Literatur

Willett, W.; Rockström, J.; Loken, B., Springmann, M.; Lang, T.; Vermeulen, S.; Garnett, T.; Tilman, D.; DeClerk, F.; Wood, A.; Jonell, M.; Clark, M.; Gordon L.; Fanzo, J.; Hawkes, C.; Zurayk, R.; Rivera, J.; De Vries, W.; Sibanda L. M.; Afshin, A.; Chaudhary, A.; Herrero, M.; Augustina, R.; Branca, F.; Lartey, A.; Fan, S.; Crona, B.; Fox, E.; Bignet, V.; Troell, M.; Lindahl, T.; Singh, S.; Cornell, S.; Reddy, K. S.; Narain, S.; Nishtar, S. und Murray, C. (2019). Food in the Anthropocene: the EAT-Lancet Commission on healthy diets from sustainable food systems. In: Lancet, Vol. 393, S. 447-492. http://dx.doi.org/10.1016/S0140-6736(18)317788-4

Meyer, I. und Makytan, S. (2022). Faktencheck Klimawandel, Landwirtschaft und Ernährung. Wien: Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung im Auftrag des Bundesminiteriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. https://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/69435

Heinrich Böll Stiftung, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und Le Monde Diplomatique (2021). Fleischatlas. Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. Berlin: Heinrich Böll Stiftung. https://www.boell.de/sites/default/files/2022-01/Boell_Fleischatlas2021_V01_kommentierbar.pdf

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Eva Seewald

Foto: Yasmine Schüßler

Eva Seewald promoviert am Institut für Umweltökonomik und Welthandel der Leibniz Universität Hannover. Im Anschluss an ihr Studium der Physiotherapie, studierte sie Wirtschaftswissenschaften sowie International Economics and Economic Policy an der Goethe Universität Frankfurt. Sie ist außerdem Mitglied des TRUST/ARL-Doktorandenprogramms „Transformationsprozesse in Stadt und Land“ an der Leibniz Universität Hannover. In ihrer aktuellen Forschung arbeitet sie mit Projektdaten aus dem DFG geförderten Langzeitprojekt „Thailand-Vietnam Socio-Economic Panel“ (TVSEP). Hier untersucht Eva Seewald die Strategien von kleinbäuerlichen Haushalten im Umgang mit dem Klimawandel sowie deren Auswirkungen auf multidimensional gemessene Armut der kleinbäuerlichen Haushalte. Hierfür war sie von April bis Oktober 2022 Gastwissenschaftlerin am Department of Land Economy an der University of Cambridge.

Ronja Seegers

Foto: Jakob Richter

Ronja Seegers ist Doktorandin am Institut für Umweltökonomik und Welthandel der Leibniz Universität Hannover. Bereits während ihres Masterstudiums in Gartenbauwissenschaften hat sie den Schwerpunkt auf wirtschaftswissenschaftliche Aspekte gelegt. So hat sie ihre Masterarbeit im Rahmen des „Food Security in Rural Zambia (FOSEZA)“ Projekts über den Einfluss von Wildfrüchten auf die Ernährungssicherheit der Bevölkerung im ländlichen Sambia geschrieben. Ronja Seegers hat im FOSEZA- und im „Nutzung des Potentials von Bäumen auf Landwirtschaftsflächen zur Erreichung nationaler und globaler Biodiversitätsziele“-Projekt der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) insbesondere in Form von partizipatorischen Maßnahmen wie Rollenspielen und diskrete Entscheidungsexperimenten mitgewirkt. Derzeit beschäftigt sie sich mit dem Entscheidungsverhalten von Kleinbauern, nachhaltige Landnutzungssysteme wie beispielsweise Agroforstwirtschaft als Anpassungsstrategie gegen die Folgen des Klimawandels umzusetzen.

Der ökologische Fußabdruck unseres Essens auf dem Prüfstand – Wie kann eine nachhaltige Ernährung aussehen? (2024)2024-11-18T14:05:21+01:00

Eine sauberere Welt durch mehr Recycling: Wie können wir eine bessere Mülltrennung erreichen? (2024)

Eine sauberere Welt durch mehr Recycling: Wie können wir eine bessere Mülltrennung erreichen?

von Li Kathrin Kaja Rupieper und Soschia Karimi, Leibniz Universität Hannover

Die umsichtige Verwendung von Ressourcen ist zentral für die Erhaltung unseres Planeten. Ein wichtiger Aspekt dabei ist Recycling, also das Rückführen von noch verwertbaren Rohstoffen in den Wirtschaftskreislauf. Aktuell landen in Deutschland jährlich 160 kg Abfall pro Person in der Restmülltonne, die anschließend verbrannt werden (Statistisches Bundesamt, 2022). Auch die EU findet, dass das zu viel ist, und visiert in ihrem Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft eine Halbierung der Restmüllmenge von Privathaushalten bis 2030 an (Europäische Kommission, 2020). Dies soll durch Müllreduktion sowie eine bessere Mülltrennung erreicht werden.

Aktuell liegt die Falschwurfquote beim Restmüll in Deutschland allerdings bei 67 % (Umweltbundesamt, 2020). Im Durchschnitt bestehen also 2/3 des Inhalts einer Restmülltonne aus recycelbaren Wertstoffen und Bioabfällen. Diese Abfälle könnten effizienter und umweltschonender genutzt werden, indem sie kompostiert werden oder durch Recyclingverfahren wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt werden. Doch sogar wenn es ausreichende und umfassende Möglichkeiten zur Mülltrennung gibt, landen viele Wertstoffe fälschlicherweise im Restmüll.

Mögliche Fragestellungen:

  • Was erkennt ihr als mögliche Gründe für dieses Verhalten?
  • Und habt ihr Ideen, wie man Menschen zu einer besseren Mülltrennung anregen kann?
Must-Read Literatur

NABU: „Das schlummernde Potential in der schwarzen Tonne“ https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/abfall-und-recycling/kreislaufwirtschaft/29148.html

Homburg, A. & Lange, F. (2020): Klimaschonendes Verhalten fördern – Beiträge der Umweltpsychologie. https://www.umweltpsychologie.de/wissen/klimaschonendes-verhalten/

Weiterführende Literatur

Europäische Kommission (2020). Ein neuer Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft. Für ein saubereres und wettbewerbsfähigeres Europa. Mitteilungen der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialaussschuss und den Ausschuss der Regionen. https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=COM:2020:98:FIN

Statistisches Bundesamt (2022). Aufkommen an Haushaltsabfällen: Deutschland, Jahre, Abfallarten. https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/Abfallwirtschaft/_inhalt.html

Thaler, R. H., & Sunstein, C. R. (2011). Nudge: Wie man kluge Entscheidungen anstößt. Berlin: Ullstein. (Für die Verfügbarkeit des Buches in Bibliotheken in Eurer Nähe siehe https://search.worldcat.org/de/title/1375451728.)

Umweltbundesamt (2020). Vergleichende Analyse von Siedlungsrestabfällen aus repräsentativen Regionen in Deutschland zur Bestimmung des Anteils an Problemstoffen und verwertbaren Materialien. Abschlussbericht. Text 113/2020. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/vergleichende-analyse-von-siedlungsrestabfaellen

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Li Kathrin Kaja Rupieper

Foto: Christian Wyrwa

Kaja Rupieper ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Wirtschaftspolitik der Leibniz Universität Hannover. Zuvor studierte sie Soziologie und Volkswirtschaftslehre an der Georg-August-Universität Göttingen, der Université Paris Descartes und der Humboldt-Universität zu Berlin. Für ihre Promotion beschäftigt sie sich mit Ostdeutschland in der Nach-Wende-Zeit: Unter anderem untersucht sie hier die arbeitsmarktökonomischen Effekte von Erwachsenenbildung.

Soschia Karimi

Foto: Christian Wyrwa

Soschia Karimi ist seit 2020 wissenschaftlicher Mitarbeiterin und Doktorandin am Institut für Gesundheitsökonomie und forscht an Schnittstellenthemen zur Gesundheits- und Umweltökonomie. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf dem Effekt von Extremwetterereignissen auf die Gesundheit und der Gestaltung von Anreizsystemen für umweltverträgliches Verhalten.

Eine sauberere Welt durch mehr Recycling: Wie können wir eine bessere Mülltrennung erreichen? (2024)2024-11-18T14:05:24+01:00

Schlüsselkompetenzen der Zukunft: Wie kann uns die Schule von heute auf die Arbeitswelt von morgen vorbereiten?

Schlüsselkompetenzen der Zukunft: Wie kann uns die Schule von heute auf die Arbeitswelt von morgen vorbereiten?

von Erik Sarrazin, Isabell Zipperle, Dr. Katharina Hartinger und Maria Krempl, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Gut (aus)gebildete Arbeitskräfte sind das Fundament unserer Volkswirtschaft: Bildung macht uns nicht nur produktiver, sondern auch innovativer und kreativer. So treibt Bildung den technologischen Fortschritt an, lässt uns unsere Welt nachhaltiger gestalten und führt zu mehr Wohlstand. Durch die Globalisierung und fortlaufende Automatisierung von Routinetätigkeiten ist die Nachfrage von Firmen nach hochqualifizierten und gut ausgebildeten Arbeitskräften in den entwickelten Ländern stark gestiegen (Autor, 2014). Aber was genau bedeutet denn „gut ausgebildet und hochqualifiziert“ in einer sich stetig im Wandel befindlichen Arbeitswelt? Die Nachfrage der Unternehmen nach kognitiven Fähigkeiten hat sich seit den 2000er Jahren auch wegen der zunehmenden Automatisierung verlangsamt, während die Nachfrage nach sogenannten nicht-kognitiven Fähigkeiten – oft auch als sozio-emotionale Fähigkeiten bezeichnet – stark gestiegen ist (Deming, 2017). Nicht-kognitive Skills umfassen Fähigkeiten wie Gewissenhaftigkeit, Teamwork, kreatives Denken, Diskussionsfähigkeit oder Selbstregulation – Kompetenzen, die Maschinen eben nicht haben. Die Förderung nicht-kognitiver Fähigkeiten ist besonders effektiv, wenn sie bereits in der Schule stattfindet. Sie steht dabei der Förderung kognitiver Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen nicht entgegen. Im Gegenteil, kognitive und nicht-kognitive Fähigkeiten verstärken sich gegenseitig (Cunha et al., 2010). Ziel dieses Projekts ist es, sich mit der gestiegenen Bedeutung nicht-kognitiver Fähigkeiten auseinanderzusetzen, relevante Fähigkeiten zu identifizieren, und ein innovatives und kreatives Konzept zum Training einer selbstgewählten nicht-kognitiven Kompetenz im Rahmen des regulären Schulalltags auszuarbeiten. Ein neues Schulfach wäre vielleicht nicht umsetzbar, ein Debattierclub vielleicht zu angestaubt – hier ist eure Kreativität gefragt!

Wie sehr trägt der aktuelle Schulalltag der gestiegenen Bedeutung nicht-kognitiver Kompetenzen Rechnung?

Wie können wir ausgewählte nicht-kognitive Fähigkeiten im Rahmen des regulären Schulalltags innovativ, praktisch umsetzbar und effektiv fördern?

Must-Read Literatur

OECD (2021). Beyond Academic Learning: First Results from the Survey of Social and Emotional Skills. OECD Publishing, Paris. https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/92a11084-en.pdf?expires=1690201863&id=id&accname=guest&checksum=58842AED75BE1AF0878474D05CCDC259

Schunk, D., Berger, E. M., Hermes, H., Winkel, K., & Fehr, E. (2022). Teaching Self-regulation. Nature Human Behaviour, 6(12), 1680-1690. https://download.uni-mainz.de/RePEc/pdf/Discussion_Paper_2210.pdf

Weiterführende Literatur

Autor, D. H. (2014). Skills, education, and the rise of earnings inequality among the “other 99 percent”. Science, 344(6186), 843-851. https://www.science.org/doi/epdf/10.1126/science.1251868

Cunha, F., Heckman, J. J., & Schennach, S. M. (2010). Estimating the technology of cognitive and noncognitive skill formation. Econometrica, 78(3), 883-931. https://jenni.uchicago.edu/papers/Cunha_Heckman_etal_2010_Econometrica_v78_n3.pdf

Deming, D. J. (2017). The growing importance of social skills in the labor market. The Quarterly Journal of Economics, 132(4), 1593-1640. https://academic.oup.com/qje/article/132/4/1593/3861633

Edin, P. A., Fredriksson, P., Nybom, M., & Öckert, B. (2022). The rising return to noncognitive skill. American Economic Journal: Applied Economics, 14(2), 78-100. https://pubs.aeaweb.org/doi/pdfplus/10.1257/app.20190199

Chapter 2: European Commission Joint Research Centre (2019). The changing nature of work and skills in the digital age. Publications Office of the European Union, Luxembourg. https://publications.jrc.ec.europa.eu/repository/handle/JRC117505

Miller, C. (2017, May 3). How to Prepare for an Automated Future. New York Times. https://www.nytimes.com/2017/05/03/upshot/how-to-prepare-for-an-automated-future.html

OECD (2023). Schools as hubs for social and emotional learning: Are schools and teachers ready?. OECD Education Spotlights, 4, OECD Publishing, Paris. https://www.oecd-ilibrary.org/docserver/f6d12db7-en.pdf?expires=1690202133&id=id&accname=guest&checksum=57637E600474423261A311D5EEC0D8E5

World Economic Forum (2022, May 25). What is the Future of Work? \[Video]. YouTube. https://www.youtube.com/watch?v=EuDnSqAo784

Hinweis vom YES!-Team

In der Informationsreihe „Wirtschaft verstehen, Zukunft gestalten“ veröffentlicht der Verein für Socialpolitik, einer der größten Vereinigungen von Wirtschaftswissenschaftler:innen aus dem deutschsprachigen Raum, unter dem Slogan „Wirtschaftsthemen – einfach erklärt“ Beiträge prominenter Mitglieder, die aktuelle Fragen unserer Zeit verständlich beantworten. Zu einigen Beiträgen gibt es zusätzlich kurze Videos und/oder Zeitungsartikel.

Besonders interessant für dieses YES!-Thema ist der Beitrag „Wie verändert sich unsere Arbeitswelt?“ von Alexandra Spitz-Oener, https://www.socialpolitik.de/de/wie-veraendert-sich-unsere-arbeitswelt.

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Erik Sarrazin

Erik Sarrazin ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand am Lehrstuhl für Public and Behavioral Economics der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Mit Hilfe von Feld- und Laborexperimenten widmet er sich in seiner Forschung u.a. der Untersuchung nicht-kognitiver Fähigkeiten wie Kreativität sowie der Effizienzanalyse frühkindlicher Fördermaßnahmen.

Isabell Zipperle

Isabell Zipperle ist Doktorandin am Lehrstuhl für Public and Behavioral Economics an der Universität in Mainz. Sie beschäftigt sich insbesondere damit, wie man umweltbewusstes Verhalten bei Menschen fördern kann.

Katharina Hartinger

Dr. Katharina Hartinger ist PostDoc am Lehrstuhl für Public and Behavioral Economics der JGU Mainz. In ihrer Forschung untersucht sie Bildungs- und Innovationsentscheidungen mit Hilfe internationaler Daten. Dabei ist sie an einem bunten Spektrum an Fragestellungen interessiert – von Individualismus, Kreativität und lebenslangem Lernen bis hin zu Entscheidungskompetenz im Casino oder in Bezug auf Finanzen und Nachhaltigkeit.

Maria Krempl

Maria Krempl ist Doktorandin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Public and Behavioral Economics an der JGU Mainz. In Laborexperimenten erforscht sie, welche Faktoren das Verhalten der Menschen in Bezug auf den Klimawandel beeinflussen. Ihr Interesse liegt darin zu verstehen, wie diese Faktoren dazu genutzt werden können, um klimafreundliches Verhalten zu fördern.

Schlüsselkompetenzen der Zukunft: Wie kann uns die Schule von heute auf die Arbeitswelt von morgen vorbereiten?2024-01-26T13:58:38+01:00

Biodiversität und Finanzmärkte – Freund und Feind? Wie und warum sollte der Finanzsektor zum Schutz der Biodiversität beitragen? (2024)

Biodiversität und Finanzmärkte – Freund und Feind? Wie und warum sollte der Finanzsektor zum Schutz der Biodiversität beitragen?

von Dr. Martin Götz und Dr. Philipp Johann König, Deutsche Bundesbank

Unter Biodiversität wird die Vielfalt des Lebens in all seinen Formen und Ausprägungen verstanden. Während Sorgen und Diskussionen über den weltweiten Verlust an Biodiversität lange Zeit wenig Beachtung fanden, ist das Thema mittlerweile im Zentrum der Gesellschaft angelangt.

Ökonomisch betrachtet ist Biodiversität ein wichtiger Faktor für den gesell-schaftlichen Wohlstand, der dazu beiträgt, dass `nature capital’ (der Bestand natürlicher Ressourcen wie Wälder, Meere etc.) weltweit einen jährlichen Strom an `ecosystem services‘ erzeugt, deren Wert rund 125 Billionen US-Dollar beträgt. Wirtschaftlicher Fortschritt und die wachsende Ausbeutung der Umwelt bedrohen die Biodiversität allerdings und können zu einer irreversiblen Zerstörung von Ökosystemen und ‚nature capital‘ führen.

Finanzinstitute lenken Finanzkapital von Investoren (Sparern) zu Firmen und Haushalten und spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung wirtschaftlichen Fortschritts. Die Veränderung der Ökosysteme bedeutet für Finanzinstitute auch, dass ihre Tätigkeit zusätzlichen Risiken ausgesetzt ist: „physischen Risiken“, aufgrund des Wertverlusts von Investitionen durch die Zerstörung von `nature capital’; „Transitionsrisiken“, aufgrund des (Wert)verlusts durch politische Maßnahmen zum Schutz der Biodiversität, die die Nutzung von `nature capital‘ einschränken bzw. verteuern.

In den letzten Jahren sind viele politische Initiativen entstanden, um den Biodiversitätsverlust einzudämmen und die irreversible Zerstörung der Ökosysteme aufzuhalten. Finanzinstituten kommt im Kampf gegen den Verlust von Biodiversität eine wichtige Rolle zu. Dies führt jedoch zu weiteren Spannungsfeldern, die analysiert und adressiert werden müssen.

  • Welchen Stellenwert sollten Biodiversitätsrisiken im Kalkül privater Finanzmarktakteure spielen?
  • Sollten die für Finanzmärkte und -institute zuständigen Aufsichtsbehörden einen stärkeren Fokus auf Biodiversität und Umweltprobleme legen?
  • Wie kann Finanzmarktakteuren, Aufsichtsbehörden, aber auch privaten Konsumenten die Komplexität der Probleme und Risiken, die durch den Verlust an Biodiversität und Ökosystemen entstehen, vermittelt werden?
Must-Read Literatur

1) Network for the Greening of the Financial System: Biodiversity and Financial Stability: Building the Case for Action, NGFS Occasional Paper, October 2021
https://www.ngfs.net/sites/default/files/medias/documents/biodiversity_and_financial_stablity_building_the_case_for_action.pdf

2) OECD: Biodiversity, Natural Capital and the Economy: A Policy Guide for Fi-nance, Economic and Environment Ministers, OECD Environment Policy Paper No. 26, Report prepared by the OECD for the G7 Presidency of the United Kingdom, 2021
https://www.oecd.org/environment/biodiversity-natural-capital-and-the-economy-1a1ae114-en.htm

3) OECD: A Comprehensive Overview of Global Biodiversity Finance, Final Report, April 2020
https://www.oecd.org/environment/resources/biodiversity/report-a-comprehensive-overview-of-global-biodiversity-finance.pdf

Weiterführende Literatur

Dasgupta, Partha: The Economics of Biodiversity – The Dasgupta Review, February 2021
https://www.gov.uk/government/publications/final-report-the-economics-of-biodiversity-the-dasgupta-review

Hinweis vom YES!-Team

In der Informationsreihe „Wirtschaft verstehen, Zukunft gestalten“ veröffentlicht der Verein für Socialpolitik, einer der größten Vereinigungen von Wirtschaftswissenschaftler:innen aus dem deutschsprachigen Raum, unter dem Slogan „Wirtschaftsthemen – einfach erklärt“ Beiträge prominenter Mitglieder, die aktuelle Fragen unserer Zeit verständlich beantworten. Zu einigen Beiträgen gibt es zusätzlich kurze Videos und/oder Zeitungsartikel.

Besonders interessant für dieses YES!-Thema ist der Beitrag „Welche Rolle spielt die Finanzwirtschaft im Angesicht des Klimawandels?“ von Jan Pieter Krahnen, weitere Informationen sowie der Link zum Beitrag finden sich hier: https://www.socialpolitik.de/de/welche-rolle-spielt-die-finanzwirtschaft-im-angesicht-des-klimawandels.

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Martin Götz

Martin Götz arbeitet seit Oktober 2020 als Ökonom im Forschungszentrum der Deutschen Bundesbank. Von August 2013 bis September 2020 war er als Professor am Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Goethe Universität tätig. Vor dieser Tätigkeit arbeitet er von August 2010 bis Mai 2013 als Forscher bei der Federal Reserve Bank of Boston. Er promovierte an der Brown University in Providence, Rhode Island im Mai 2010. In seiner Forschung beschäftigt Martin Götz sich mit dem Einfluss von Finanzintermediären auf die volkswirtschaftliche Entwicklung und Finanzstabilität.

Philipp Johann König

Philipp König arbeitet seit 2017 als Ökonom im Forschungszentrum der Deutschen Bundesbank. Er hat an der Freien Universität Berlin Volkswirtschaftslehre studiert und anschließend an der Technischen Universität Berlin zum Thema Finanz- und Liquiditätskrisen promoviert. Vor seiner Tätigkeit bei der Bundesbank war er an der Technischen Universität und am DIW Berlin tätig. In seiner Forschung untersucht Philipp König Fragen zur Regulierung von Finanzinstituten, sowie Anreizprobleme im Banken- und Finanzsektor. Zunehmend spielen dabei auch Risiken eine Rolle, die aus Umweltproblemen und Klimawandel entstehen.

Biodiversität und Finanzmärkte – Freund und Feind? Wie und warum sollte der Finanzsektor zum Schutz der Biodiversität beitragen? (2024)2024-11-18T14:58:11+01:00

Geschlechterstereotype und (Selbst-)Diskriminierung am Arbeitsplatz: Wege aus der Geschlechterfalle (2024)

Geschlechterstereotype und (Selbst-)Diskriminierung am Arbeitsplatz: Wege aus der Geschlechterfalle

von JProf. Dr. Arno Apffelstaedt, Exzellenzcluster ECONtribute: Markets & Public Policy

In Sachen Geschlechtergerechtigkeit hat sich einiges getan. So übertrifft zum Beispiel seit einigen Jahren der Anteil weiblicher Studienanfänger und -absolventen den Anteil männlicher Studienanfänger und -absolventen (Statistisches Bundesamt, 2022). Dennoch spielen Stereotype darüber, was Männer und Frauen bzw. Jungen und Mädchen leisten können oder sollten, nach wie vor eine große Rolle in den Köpfen und in der Gesellschaft. Dies führt einerseits zu (ungerechtfertigter) Diskriminierung durch andere (z.B. Vorgesetzte und Lehrer), aber auch zu falschen Selbsteinschätzungen und möglichen Fehlentscheidungen bei der Berufswahl und späteren Karriereschritten von Männern und Frauen.

Geschlechterstereotype manifestieren sich in verschiedenen Bereichen und betreffen unterschiedliche Dimensionen (Wolter, 2020). Bekannt sind Stereotypen hinsichtlich vermeintlicher Fähigkeiten in Bereichen wie Mathematik und Naturwissenschaften, bei denen Männern typischerweise eine angeblich natürliche Überlegenheit zugeschrieben wird, oder bei Sprachvermögen und Care-Arbeit, wo Frauen vermeintlich besser sein sollen. So wird bei Männern Erfolg häufig eher auf Talent zurückgeführt (und Misserfolg auf Faulheit), während bei Frauen Erfolg eher als Ergebnis von Fleiß gesehen wird (und Misserfolg als Mangel an Talent) (Gelitz, 2020). Derartige „Meta-Stereotypen“ ziehen sich durch viele Bereiche und können unternehmensrelevante Entscheidungen, wie z. B. Beförderungen, stark beeinflussen.

Studien zeigen, dass Stereotypen oftmals auch in den Köpfen der betroffenen Personen selbst vorherrschen und daher zu falschen Selbsteinschätzungen und Fehlentscheidungen führen können (Coffman, 2014; Bordalo et al., 2019; Exley und Kessler, 2022). So denken Frauen oft, dass sie nicht so gut in Mathe sind wie ein männlicher Kandidat, was dazu führt, dass sie sich in Wettbewerben gegen Männer nicht aktiv genug einsetzen und sich in ihrem Berufsleben beispielsweise nicht aktiv auf Führungspositionen bewerben. Gleiches gilt für Gehaltsverhandlungen oder allgemeine Forderungen nach höherem Gehalt, was evtl. zum Gender Pay Gap beiträgt.

Die Idee dieses YES-Themas ist es, ein konkretes Problem mit stereotypen-bedingter Diskriminierung zu identifizieren, welches für die aktuelle Generation an Schüler:innen bei Eintritt in der Arbeitsmarkt vermutlich eine große Rolle spielt und für dieses Problem z.B. eine gesellschaftlich-politische Lösung oder eine wirtschaftlich-kaufmännische Lösung  zu entwickeln.

  • Welche Erfahrungen mit Stereotypen und Diskriminierung habt ihr im (Schul-)alltag schon selbst gemacht?
  • In welchen Branchen und Bereichen (z.B. Technologiebereich, MINT-Fächer) sind Geschlechterstereotype und (Selbst-)Diskriminierung besonders ausgeprägt?
  • Wie könnte das Problem dort konkret angegangen werden?- Wer sind die entsprechenden Akteur:innen, die bei der Umsetzung helfen könnten?
Must-Read Literatur

Wolter, Ilka (2020): „Wie entstehen Geschlechtsstereotype und wie wirken sie sich aus?“ https://www.bzkj.de/resource/blob/155814/7dba51e3750a471732394005bc5f652a/20202-wie-entstehen-geschlechtsstereotype-und-wie-wirken-sie-sich-aus-data.pdf

Bertrand, Marianne (2020): “Gender in the Twenty-First Century” (wird zur Verfügung gestellt)

Weiterführende Literatur

Wirsing-Schneider, Johanna (2022): „Geschlechterstereotype: Auswirkungen am Arbeitsplatz“ https://www.personalwissen.de/personalwesen/diversity/geschlechterstereotypen-geschlechtstrennung/

Boll, Christina, Elisabeth Bublitz und Malte Hoffmann (2015): „Geschlechtsspezifische Berufswahl: Literatur- und Datenüberblick zu Einflussfaktoren, Anhaltspunkten struktureller Benachteiligung und Abbruchkosten“ https://www.hwwi.org/fileadmin/hwwi/Publikationen/Policy/HWWI_Policy_Paper_90.pdf

Oestreich, Heide (2012): „Vorurteile über Frauen: Wahr wird, was sie dir erzählen“ https://taz.de/Vorurteile-ueber-Frauen/!5098146/

Gelitz, Christiane (2020): „Männer halten wir eher für genial als Frauen“ https://www.spektrum.de/news/unbewusste-einstellungen-halten-wir-maenner-doch-fuer-klueger/1749368

Gupta, Shalene (2022): „Gender Stereotype That Holds Women Back“ https://hbswk.hbs.edu/item/too-nice-to-lead-unpacking-the-gender-stereotype-that-holds-women-back

Bahler, Kristen (2020): „Are Performance Reviews Sexist? New Research Says Yes“ https://money.com/performance-reviews-are-sexist/

Statistisches Bundesamt (2022). Frauenanteile nach akademischer Laufbahn (Stand: 22.12.2022) https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bildung-Forschung-Kultur/Hochschulen/Tabellen/frauenanteile-akademischelaufbahn.html

Statista (2020). Lieblingsfarbe der Österreicher nach Geschlecht 2019 (Stand: 22.09.2020) https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1048160/umfrage/umfrage-zur-lieblingsfarbe-der-oesterreicher-nach-geschlecht/

Hinweis vom YES!-Team

In der Informationsreihe „Wirtschaft verstehen, Zukunft gestalten“ veröffentlicht der Verein für Socialpolitik, einer der größten Vereinigungen von Wirtschaftswissenschaftler:innen aus dem deutschsprachigen Raum, unter dem Slogan „Wirtschaftsthemen – einfach erklärt“ Beiträge prominenter Mitglieder, die aktuelle Fragen unserer Zeit verständlich beantworten. Zu einigen Beiträgen gibt es zusätzlich kurze Videos und/oder Zeitungsartikel.

Besonders interessant für dieses YES!-Thema ist der Beitrag „Warum sind Löhne und Einkommen immer noch vom Geschlecht abhängig?“ von Nicola Fuchs-Schündeln, https://www.socialpolitik.de/de/warum-sind-loehne-und-einkommen-immer-noch-vom-geschlecht-abhaengig.

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Arno Apffelstaedt

Arno Apffelstaedt ist Junior Professor für Organizational Economics an der Universität zu Köln. Er promovierte 2018 in Volkswirtschaftslehre an der Universität Hamburg und war als Gastwissenschaftler an der London School of Economics und der Harvard University. Als Verhaltensökonom beschäftigt er sich unter anderem mit sozialem Verhalten sowie sozialen Normen und den Auswirkungen von Wahlen auf das Verhalten.

Geschlechterstereotype und (Selbst-)Diskriminierung am Arbeitsplatz: Wege aus der Geschlechterfalle (2024)2024-11-19T10:16:35+01:00

Verkehrswende im Autoland – Wie kann nachhaltige Mobilität gelingen? (2024)

Verkehrswende im Autoland – Wie kann nachhaltige Mobilität gelingen?

von Dr. Anna Straubinger und Tim Kalmey, ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim

Der Verkehrssektor ist für ca. 20% der deutschen Treibhausgasemissionen verantwortlich und ist weit davon entfernt seine Klimaziele einzuhalten. Die strengen Regeln der EU für Neuwagen ab 2035 (Stichwort „Verbrenner-Aus“) sowie den Emissionshandel für Verkehr ab 2026 zeigen, dass verschiedene Maßnahmen zur CO2-Emmissionsreduktion ergriffen werden. Allerdings hat der motorisierte Individualverkehr auch vollelektrisch noch zahlreiche negative Externalitäten, wie bspw. Lärm, Feinstaub (PMx), Stau und Flächenversiegelung. Hinzu kommen noch Ineffizienzen, die aus der kostenlosen oder zu günstigen Bereitstellung von Parkraum oder Maßnahmen wie der Pendlerpauschale entstehen.

Die Verkehrsmittel des Umweltverbundes (zu Fuß gehen, Rad fahren, öffentlicher Personenverkehr aber auch Carsharing) stellen nachhaltige Alternativen dar, allerdings entscheiden sich die meisten Leute in den meisten Fällen immer noch dafür das Auto zu nutzen. Aber welche Faktoren führen dazu, dass Haushalte Autos besitzen und nutzen und unter welchen Bedingungen würde sie auf ihr Auto verzichten? Welche Unterschiede sehen wir wenn wir städtische und ländliche Räume vergleichen? Ist die Verkehrswende (also weniger eigenen Autos) auf dem Land überhaupt möglich? Welche Maßnahmen (planerisch und regulatorisch) können Städte und Kommunen ergreifen, um die Abhängigkeit vom Auto zu reduzieren? Könnten holistischere Ansätze wie die „15-Minuten-Stadt“ ein Weg zu nachhaltigerer Mobilität sein. Ihr könnt das Thema sowohl generell beleuchten (Literatur sichten), als auch im Austausch mit Bürgerinnen und Bürgern, Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern einer Kommune Lösungsansätze erarbeiten und überlegen, wie man diese in der Praxis umsetzt. Denkbar wäre auch Umfragen in der Stadt und im näheren Umfeld durchzuführen.

Must-Read Literatur

Heinrich Böll Stiftung ( 2019). Mobilitätsatlas.  https://www.boell.de/sites/default/files/2022-12/mobilitaetsatlas-2019.pdf

BMDV (2018). Ergebnisbericht Mobilität in Deutschland MiD. https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/G/mid-ergebnisbericht.pdf?\_\_blob=publicationFile

Weiterführende Literatur

Goldman, T., & Gorham, R. (2006). Sustainable urban transport: Four innovative directions. Technology in society, 28(1-2), 261-273. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0160791X05000606

Introduction von (und ggf., je nach Interesse und Relevanz auch weitere Kapitel) Small, K. A., & Verhoef, E. T. (2007). The economics of urban transportation. Routledge.

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Anna Straubinger

Anna Straubinger studierte Verkehrswirtschaft mit den Schwerpunkten Verkehrspolitik und Raumwirtschaft an der TU Dresden. Von 2017 bis 2022 war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin im interdisziplinären Luftfahrtforschungsinstituts Bauhaus Luftfahrt tätig. Währenddessen promovierte sie als externe Doktorandin an der VU Amsterdam zum Thema Passagierdrohnen. Aktuell ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Umwelt-und Klimaökonomik des ZEW und beschäftigt sich mit Fragestellungen rund um nachhaltige Mobilität.

Tim Kalmey

Tim Kalmey studierte im Bachelor Philosophy & Economics an der Universität Bayreuth und erwarb seinen Masterabschluss in Development Economics an der Universität Göttingen mit einem Schwerpunkt auf quantitative Methoden und Umweltökonomik. In seiner Masterarbeit untersuchte er die Auswirkungen von Ungleichheit und Umverteilungsmaßnahmen auf die Umwelt insbesondere Biodiversität. Seit März 2023 ist er als Wissenschaftler am ZEW im Forschungsbereich „Umwelt- und Klimaökonomik“ tätig.

Verkehrswende im Autoland – Wie kann nachhaltige Mobilität gelingen? (2024)2024-11-19T10:05:15+01:00

Finance for Equality – Wie sollte Wirtschaft/Finanzen in der Schule unterrichtet werden? (2024)

Finance for Equality – Wie sollte Wirtschaft/Finanzen in der Schule unterrichtet werden?

von Prof. Dr. Farzad Saidi, Exzellenzcluster ECONtribute: Markets & Public Policy

Der Bildungshintergrund sowie das Einkommen der Eltern spielen in Deutschland immer noch eine große Rolle für die Entwicklung, Bildungserlangung und für den wirtschaftlichen Erfolg der Kinder. Es gibt viele Vorschläge, wie diese Pfadabhängigkeit aufgebrochen werden kann, um die soziale Mobilität zu erhöhen. Selten berücksichtigt wird dabei die Rolle des Wirtschaftsunterrichts auf weiterführenden Schulen. Neben der reinen Wissensvermittlung könnte jener eine wichtige Säule zur Erreichung von Chancengleichheit darstellen, wenn der Umgang mit Finanzen und Finanzinstitutionen früh trainiert, Hindernisse und Hemmnisse abgebaut und somit Anreize geschaffen werden, unternehmerisch tätig zu werden.

  • Wie hätte ein Fach „Wirtschaft/Finanzen“ auf weiterführenden Schulen auszusehen, um diese Ziele zu erreichen?
  • Welche Inhalte sollten unterrichtet werden?
  • Inwiefern weichen sie vom traditionellen Unterricht ab?
  • Wie wichtig ist die mathematische Komponente und die analytische Vorbereitung auf ein potenzielles Studium der VWL/BWL?
  • Wie interagieren wirtschaftswissenschaftliche Inhalte mit sozioökonomischen Faktoren der Schüler\*innen-Biographie?
  • Wie können Schüler\*innen aus bildungsfernen Haushalten dazu angehalten werden, den wirtschaftswissenschaftlichen Unterricht als wirtschaftliche Aufstiegschance wahrzunehmen?
  • Obgleich der Umgang mit finanzwirtschaftlichen Themen vermittelt werden könnte, was der finanziellen Inklusion (im Umgang mit Banken, z.B. in der Erlangung von Krediten) dient, wie vermittelt man unternehmerischen Enthusiasmus und Geist?
Must-Read Literatur

https://www.adb.org/sites/default/files/publication/160699/adbi-wp530.pdf

https://cepr.org/voxeu/columns/new-evidence-social-mobility-germany

Weiterführende Literatur

https://sebastian-findeisen.com/downloads/social_mobility/draft_social_mobility.pdf

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Farzad Saidi

Foto: Stockholm School of Economics

Prof. Farzad Saidi, Ph.D. ist Professor für Finanzmarktökonomik an der Universität Bonn sowie am Exzellenzcluster ECONtribute. Seine Forschung beschäftigt sich mit dem Bankenwesen im Allgemeinen und der Übertragung von Geldpolitik durch Banken in die Realwirtschaft im Speziellen. Hierbei konzentriert er sich auf das Zusammenspiel zwischen unterschiedlichen Finanzintermediären und anderen Marktakteuren sowie der Makroökonomie. Er hat zuvor als Professor an der Boston University, der Stockholm School of Economics und der University of Cambridge gearbeitet.

Finance for Equality – Wie sollte Wirtschaft/Finanzen in der Schule unterrichtet werden? (2024)2024-11-19T10:16:14+01:00

Mehr Export, mehr Wohlstand? Wie zukunftsfähig ist das deutsche Wirtschaftsmodell?

Sind ständige Leistungsbilanzüberschüsse ein Segen oder ein Fluch?

von Prof. Dr. Michael Graff, KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich

Die deutsche Wirtschaft weist seit über 2 Jahrzehnten deutliche Leistungsbilanzüberschüsse auf, das heißt, der Wert der Exporte übersteigt den Wert der Importe. Dies zeugt von der Wettbewerbsfähigkeit der Exportindustrie. Die Genugtuung darüber hat aber auch makroökonomische Gründe:

(1) Ein Überschuss zeigt an, dass mehr Wertschöpfung im Inland für Exporte ins Ausland stattfindet als in umgekehrter Richtung. Damit gibt es im Inland mehr Produktionsvolumen, als sonst der Fall wäre – mit entsprechenden Auswirkungen auf das Arbeitsvolumen, den Kapitaleinsatz und das Steuersubstrat.

(2) Leistungsbilanzüberschüsse führen zu Kapitalexporten in gleicher Höhe. Das Land häuft also kumulativ Auslandsvermögen an; es erwirbt Forderungen auf Kaufkraft im Ausland.

(3) Der seit Mitte der Nuller-Jahre zu beobachtende Überschuss bei den Primäreinkommen zeigt, dass die Inländer mehr Faktoreinkommen aus dem Ausland beziehen als in umgekehrter Richtung. Die Kaufkraft der Inländer ist also höher als die Produktion im Inland.

Die positiven Aspekte dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dies aus gesamtwirtschaftlicher Sicht in der längeren Frist anders zu betrachten ist. Zum einen handelt es sich um ein Ungleichgewicht in der Weltwirtschaft, wobei andere Länder die Überschüsse laufend absorbieren müssen, mit entsprechenden Konsequenzen für deren inländische Wertschöpfung. Dies führt im Rest der Welt zu Verdruss und Kritik; aber auch die rein inländische Sicht darauf wirft Fragen auf. Bei einem Leistungsbilanzüberschuss ist die inländische Absorption geringer als die Produktion, inländische Ersparnisse finanzieren den Überschuss und die damit einhergehende Verschuldung des Auslands gegenüber dem Inland. Auf Dauer ist dies aus inländischer Sicht keine rationale Perspektive. Ein Land kann zwar dauerhaft unterhalb seiner Verhältnisse leben und dafür Auslandsvermögen anhäufen. Real gesehen ist dann aber die Verfügung der Inländer über Güter und Dienstleistungen geringer als bei einer ausgeglichenen Leistungsbilanz. Wenn die Inanspruchnahme mit dem Anspruch gleichziehen soll, muss der Leistungsbilanzsaldo negativ werden, andernfalls werden die kumulierten Ansprüche nicht eingelöst, und das Nettoauslandsvermögen wird am Ende wie abzuschreibender Kredit zu verbuchen sein.

Daraus können sich folgende Fragestellungen ergeben:

  1. Sollte Deutschland weiterhin Jahr für Jahr massive Leistungsbilanzüberschüsse erwirtschaften?
  1. Wenn nein, welches ist eine denkbare zeitliche Perspektive für einen Abbau auf null und gegebenenfalls für eine Periode negativer Saldi? Gibt es Beispiele dafür aus der Wirtschaftsgeschichte anderer Länder?
  1. In welchen Teilbilanzen der Leistungsbilanz dürften die Verschiebungen manifest werden? In welchem relativem Ausmaß? In welcher Sequenz?
  1. Wie könnte die Politik Wirtschaft und Gesellschaft darauf vorbereiten? Zu untersuchen sind hier unter anderem die inländischen Arbeits- und Kapitalmärkte.
  1. Welcher Strukturwandel wäre damit zu erwarten, und wie kann die Wirtschaftspolitik darauf vorbereiten?
  1. Wie setzt sich die akkumulierte Auslandsersparnis momentan zusammen? Wer verfügt darüber?
  1. Welche Wertentwicklung hat die Auslandsersparnis in der Vergangenheit erfahren? Welchen Einfluss haben die Anlageklassen und –währungen. Wie bedeutend sind die Effekte von Nominalertrag und Wechselkursentwicklung? Gibt es Beispiele dafür aus der Wirtschaftsgeschichte anderer Länder?
  1. Können sich aus der Analyse des Auslandsvermögens Szenarien für die Zukunft ableiten lassen? Welche Implikationen wird es haben, wenn aus dem Nettokapitalexport einmal ein Nettokapitalimport werden sollte? Gibt es Beispiele dafür aus der Wirtschaftsgeschichte anderer Länder?
  1. Bietet ein Strukturwandel von einer nettoexportierenden zu einer nettoimportierenden Wirtschaft Gelegenheit, die bevorstehende demographische Transition abzufedern? Was kann die Wirtschaftspolitik unternehmen? Gibt es Beispiele dafür aus der Wirtschaftsgeschichte anderer Länder? Wie kann man sich das praktisch vorstellen?
Must-Read Literatur

Behringer, Jan, van Treeck, Till and Truger, Achim (2020), How to reduce Germany’s current account surplus? Forum New Economy Working Papers. No. 8.

Grömling, Michael und Matthes, Jürgen (2016), Der deutsche Leistungsbilanzüberschuss – Fluch oder Segen? Wirtschaftsdienst, 96. Jahrgang, Heft 11: 787–805.

Weiterführende Literatur

Graff, Michael (2019), China’s Balance of Trade in the Future, in: The Sleeping Giant Awakes – Global Views on China’s Transformation after Four Decades of Reform and Opening-up, China Watch, Beijing, 94–104. (wird zur Verfügung gestellt)

Petersen, Thieß (2018), Germany‘s export surpluses – Asset accumulation for the future? Bertelsmann Stiftung, Gütersloh.

Hinweis vom YES!-Team

In der Informationsreihe „Wirtschaft verstehen, Zukunft gestalten“ veröffentlicht der Verein für Socialpolitik, einer der größten Vereinigungen von Wirtschaftswissenschaftler:innen aus dem deutschsprachigen Raum, unter dem Slogan „Wirtschaftsthemen – einfach erklärt“ Beiträge prominenter Mitglieder, die aktuelle Fragen unserer Zeit verständlich beantworten. Zu einigen Beiträgen gibt es zusätzlich kurze Videos und/oder Zeitungsartikel.

Besonders interessant für dieses YES!-Thema ist der Beitrag „Welthandel – Protektionismus und die Folgen für das deutsche Wirtschaftsmodell“ von Lisandra Flach, https://www.socialpolitik.de/de/welthandel-protektionismus.

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Michael Graff

Prof. Dr. Michael Graff

Prof. Dr. Michael Graff leitet den Forschungsbereich „Konjunkturprognosen“ an der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. Er erwarb seinen Diplomabschluss in Soziologie und seinen Doktortitel in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Hamburg und habilitierte in Wirtschaftswissenschaften an der Technischen Universität Dresden. In den Jahren 2003 und 2004 arbeitete er als Economic Advisor für die Reserve Bank of New Zealand in Wellington. Von 2005 bis 2007 war er Senior Lecturer in Wirtschaftswissenschaften an der University of Queensland in Brisbane. Seit 2007 leitet er den Bereich Konjunkturprognosen an der KOF Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich. Von 2011 bis 2015 hatte er zudem eine Teilzeitstelle als Professor für Entwicklungsökonomie an der Jacobs University in Bremen inne. Im Jahr 2012 wurde er zum Titularprofessor für Volkswirtschaftslehre an der ETH Zürich ernannt.

Mehr Export, mehr Wohlstand? Wie zukunftsfähig ist das deutsche Wirtschaftsmodell?2023-10-10T14:03:04+02:00

Gymnasium Osterbek Hamburg

Gymnasium Osterbek Hamburg

Finalist für die Region Ost

Das Studiengeld – Gleicher Start, gleiche Möglichkeiten

Wunsch-Situation: Das Studiengeld basiert auf der Idee, jedem Studierenden unabhängig von seiner sozialen Herkunft einen Mindestbetrag an Geld zuzusichern, um jedem ein Studium zu ermöglichen und für Chancengleichheit zu sorgen.

Ist-Situation: Im Moment hängt die Möglichkeit eines Studiums stark von den finanziellen Mitteln der Eltern ab. Zudem müssen die Eltern ihrem Kind auch finanzielle Mittel für ein Studium zur Verfügung stellen. Dadurch können viele junge Erwachsene, insbesondere aus von Armut betroffenen Familien, kein Studium antreten, da ihnen entweder die notwendigen finanziellen Mittel fehlen oder ihre Eltern dies ablehnen. Kinder aus Haushalten mit einem nicht akademischen Hintergrund beginnen seltener ein Studium und bringen es ebenfalls seltener erfolgreich zum Abschluss als Kinder deren Eltern studiert haben.

Um dieses Problem zu beheben, möchten wir das finanzielle Element von den Eltern entkoppeln. Unsere Idee sieht vor, jedem Studierenden einen festen Betrag von 1.200€ zu gewähren, der über dem Existenzminimum liegt. Dieser Betrag würde bedingungslos an jeden Studierenden ausgezahlt werden, unabhängig davon, ob seine Eltern wohlhabend sind oder gewillt sind, ein Studium zu finanzieren. Dadurch kann jeder Studierende auch dann studieren, wenn seine Eltern dies nicht wünschen.

Um dennoch für Chancengleichheit zu sorgen und sozial benachteiligten Familien mehr Unterstützung zu geben, sollen die Eltern des Studierenden einen gewissen Betrag an den Staat zurückzahlen. Die Rückzahlung erfolgt progressiv und steigt mit dem Wohlstand der Eltern. Die Berechnung sieht wie folgt aus:

Rückzahlung = x * 950€ + optional Kindergeld + optional Miete

Hierbei ist x ein mit dem Einkommen steigender Faktor zwischen 0 und 1, der die Rückzahlung auf insgesamt 1.200€ begrenzt. Wenn die Eltern noch Kindergeld für den Studierenden beziehen, wird dieser Betrag zur Rückzahlung hinzugefügt, ebenso wie die örtliche Durchschnittsmiete für Studierende, sofern der Studierende keine eigene Wohnung hat und noch zu Hause wohnt. Dies erklären wir damit, dass die 1.200€ Existenzminimum sowohl Mietkosten abdecken als auch ohne andere Förderungen kalkuliert werden.

Durch diese progressive Rückzahlung tragen wohlhabendere Eltern mehr zurück, wodurch die Eltern, die sich ein Studium ihrer Kinder leisten können oder eher gewillt sind, größere Anteile der Kosten selbst übernehmen.

Des Weiteren entfällt für die Studierenden die jährliche Beantragung von BAföG, was auch eine Hürde darstellt. Beim Studiengeld hingegen genügt es, sich als Studierender bei einer Hochschule einzuschreiben und am Studium teilzunehmen. Das Geld bekommt der Studierende dann automatisch.

Das Studiengeld bietet somit eine Möglichkeit, für mehr Chancengleichheit im Bereich der Bildung zu sorgen und jedem Studierenden unabhängig von seiner Herkunft ein Studium zu ermöglichen.

Gymnasium Osterbek – Profil Technik Medien Wirtschaft

Thema:

Studieren in Krisenzeiten – Wie kann eine zunehmende Bildungsungleichheit verhindert werden?

von Dennis Henryk Meier und Maximilian Floto, Leibniz Universität Hannover

Die COVID-19-Pandemie und der Krieg in der Ukraine stellen die Weltwirtschaft vor enorme Herausforderungen. Im Zuge andauernder Lieferengpässe und starken Beschränkungen von Rohöl- und Gaslieferungen nach Deutschland ist die Inflation in den letzten zwei Jahren stark angestiegen und lag im September 2022 bei knapp 8 %. Grundsätzlich betrifft eine starke Geldentwertung die gesamte Bevölkerung eines Landes, allerdings sind einkommensschwächere Haushalte stärker von einem Preisniveauanstieg betroffen. Diese zunehmende ungleiche Belastung wirkt sich auf mehreren Ebenen aus. Nachdem bereits die Pandemie die (finanzierungsbedingte) Bildungsungleichheit in Deutschland verschärft hat (Meier et al. 2022), ist jetzt davon auszugehen, dass die aktuell hohe Inflation die Bildungsungleichheit in Deutschland weiter verstärken wird.

Mit dem sogenannten „Bildungstrichter“ lässt sich die Bildungsungleichheit beim Hochschulzugang und im Studienverlauf beschreiben: während 79 % der Kinder mit aus akademischem Elternhaus ein Studium beginnen, sind es nur 27 % der Kinder aus nicht-akademischem Elternhaus (Kracke et al. 2018). Neben mentalen Barrieren, Kompetenznachteilen und Informationsdefiziten liegt ein Grund für die Bildungsungleichheit beim Hochschulzugang in Deutschland in der Finanzierung des Studiums (Stifterverband 2022). Allerdings existiert nicht nur beim Hochschulzugang, sondern auch im Studienverlauf eine finanzielle Ungleichheit.

Die Hauptfinanzierungsmöglichkeiten eines Studiums sind finanzielle Unterstützung der Eltern, eigener Verdienst und die Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Daneben besteht die Möglichkeit einer Finanzierung durch Kredite oder Stipendien, die allerdings jeweils nur von 5 % der Studierenden in Anspruch genommen werden. Die finanzielle Ungleichheit resultiert hauptsächlich aus der ungleichen Finanzierungsstruktur während des Studiums. Studierende aus einem nicht-akademischem Elternhaus erhalten häufig weniger finanzielle Unterstützung von ihren Familien und sind auf eigenen Verdienst angewiesen (Middendorf et al. 2017). In Deutschland besteht für Studierende aus einkommensschwächeren Elternhäusern deshalb die Möglichkeit nach dem BAföG finanziell vom Staat unterstützt zu werden. Der Staat verfolgt dabei das Ziel einer Erhöhung der Chancengleichheit im (tertiären) Bildungsbereich. Allerdings nahmen im Jahr 2021 nur rund 11 % der Studierenden die Förderung nach dem BAföG in Anspruch (Statistisches Bundesamt 2022).

Vor dem Hintergrund der aktuell steigenden Preise wurde der BAföG-Höchstsatz um 25€ erhöht. Weitere Maßnahmen zur Entlastung der Studierenden sind eine Einmalzahlung in Höhe von 200€ und eine Erhöhung der Wohnkostenpauschale um 35€, die jedoch in Summe nicht zu einer Entspannung der finanziell angespannten Situation beitragen. Deshalb ist zu erwarten, dass insbesondere einkommensschwächere Familien weniger Möglichkeiten haben, die Kosten für eine Hochschulbildung zu tragen. Insofern erscheint es wahrscheinlich, dass sich die Bildungsungleichheit in Deutschland weiter verstärken wird.
Die finanziellen Ungleichheiten können zu schlechteren Leistungen bis hin zu höheren Abbuchwahrscheinlichkeiten für die benachteiligten Studierenden führen. Die Bildungsungleichheit nach der elterlichen Bildung zeigt sich auch in der Wahrscheinlichkeit das Studium erfolgreich abzuschließen (Stifterverband 2022). Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es einer Reform der finanziellen Unterstützung für Studierende bedarf, um zu verhindern, dass sich die Chancengleichheit noch weiter verschlechtert.

• Welche Finanzierungsmöglichkeiten gibt es bereits während des Studiums?
• Wie hoch ist die Inanspruchnahme der jeweiligen Finanzierungsmöglichkeiten?
• Wie ist die Informationslage über diese Finanzierungsmöglichkeiten?
• Wo sind die (bürokratischen) Hürden bei der Inanspruchnahme?
• Warum wird die Förderung nach dem BAföG nur noch von rund 11 % der Studierenden in Anspruch genommen?
• Welche aktuellen Soforthilfemaßnahmen gibt es für Studierende?
• Was kostet ein Studium im Durchschnitt? Welche Ressourcen werden benötigt?
• Wie können Studierende aus einkommensschwächeren Familien finanziell besser unterstützt werden?
• Gibt es Bildungsungleichheiten auch in anderen europäischen Ländern?
• Wie sind Finanzierungsmöglichkeiten in anderen europäischen Ländern ausgestaltet?


Nach abgeschlossener Berufsausbildung studierte Dennis H. Meier Wirtschaftswissenschaften (M.Sc.) an der Leibniz Universität Hannover. Seit 2021 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter und promoviert am Institut für Wirtschaftspolitik der Leibniz Universität Hannover. Hierfür beschäftigt er sich insbesondere mit den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die wirtschaftliche Lage von Studierenden in Deutschland.

Maximilian Floto
Maximilian Floto studierte Wirtschaftswissenschaft an der Leibniz Universität Hannover und zwischenzeitlich in Schweden an der Karlstad Universität. Neben seinem Studium arbeitete er als Werkstudent für das Innovationszentrum Niedersachsen. Seit Abschluss des Studiums promoviert er am Institut Geld und Internationale Finanzwirtschaft an der Leibniz Universität Hannover mit dem Forschungsschwerpunkt makroökonomische Erwartungen und Verhaltensökonomik.

 

 



Gymnasium Osterbek Hamburg2023-07-20T20:20:04+02:00
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